Donnerstag 19. September 2024

Donald Moore SJ zum Gedenktag am 21. Mai 2008

Ein Artikel zum Gedenktag mit Erinnerungen von Donald Moore in der Zeitung des österr. Canisiuswerkes Nr. 5/6 2008

Als erhellendes, hoffnungsvolles und Mut machendes Licht- und Wegzeichen bezeichnete Diözesanbischof Dr. Ludwig Schwarz Franz Jägerstätter in seiner Predigt anlässlich der Seligsprechung am 26.10.2007 im Linzer Mariendom. Am 21. Mai begehen wir zum ersten Mal seinen Gedenktag. Der amerikanische Jesuit, Prof. Donald Moore, der seit über zwanzig Jahren zu den Gedenkfeiern nach St. Radegund kommt, über seinen Zugang zu Franz Jägerstätter

Mein erster Kontakt mit Franz Jägerstätter erfolgte durch dasn Buch des amerikanischen Soziologen Gordon Zahn „In Solitary Witness“. Ich war von der Einfachheit seines Lebens tief beeindruckt. Das war ein Mann, den man in jedem kleinen Dorf in den USA, in Österreich oder in irgendeinem anderen Land treffen konnte. Was ihn allerdings aus der Masse heraushob, war die tiefe Liebe zu seiner Familie, seine feste Verbindung zum Glauben und sein einfaches, aber klares Verständnis der politischen Situation Europas in den späten 1930er-Jahren. Er erkannte die Unvereinbarkeit zwischen Nationalsozialismus und seinem eigenen Glauben.

Zwei Gedanken gingen mir sofort durch den Kopf:
Warum war seine Geschichte in westlichen Ländern – und besonders bei uns Katholiken/-innen – nicht bekannter? Ich möchte seinen Heimatort St. Radegund in Oberösterreich aufsuchen und eventuell seine Witwe und seine Töchter treffen. Eine Gelegenheit bot sich mir im Sommer 1982, als ich in Nürnberg einen amerikanischen Armeekaplan für eine Woche vertreten musste. 

Mit meiner Schwester, einer Dominikanernonne, fuhr ich nach
St. Radegund. Wir besuchten die Dorfkirche, in der Franz als Mesner gedient hatte und wo sich sein Urnengrab befindet. Ein junger Mann bot uns an, uns zur Witwe, Franziska Jägerstätter, zu bringen. Innerhalb kürzester Zeit saßen wir in Franziskas Küche bei einer Tasse Kaffee und ich erklärte ihr in meinem holprigen Deutsch, wie sehr ich Franz Jägerstätter bewundere. Sie zeigte mir ihr Gästebuch mit Unterschriften von Leuten aus der ganzen Welt, die mit einem ähnlichen Vorhaben wie ich nach St. Radegund gekommen waren. Sie zeigte mir ein Foto ihrer drei glücklichen Töchter, aufgenommen bei einer Fronleichnamsprozession im Jahr 1943, einige Monate nachdem Franz wegen seiner Verweigerung, in Hitlers Armee zu dienen, gefangen genommen worden war. Die Töchter hielten ein Spruchband vor sich mit dem Wortlaut „Lieber Vater, komm bald!“ Ich fragte Franziska, ob Franz dieses Foto je gesehen hatte. Sie erzählte mir, dass dieses Bild in seine Gefängniszelle nach Berlin geschickt worden war. 

In diesem Moment wurde mir bewusst: Franz ist ein Heiliger.
Er war bereit, alles aufzugeben, um der Gnade, die ihm gegeben worden war, gerecht zu sein. Er war bereit, Gott nicht nur sein Leben anzubieten, sondern alles, was er in seinem Leben geliebt hat, vor allem seine Frau und seine Kinder, um seinem Gewissen zu folgen. Seine Gefängnisbriefe zeigen deutlich, wie sehr ihm bewusst war, wie viel Schmerz und Leid seine Entscheidung für Franziska und ihre Töchter bringen würde. Er würde nie fähig sein, ihre einfache Bitte zu erfüllen: „Lieber Vater, komm bald!“ Nicht, wenn er seinem Gott und der besonderen Gnade, die Gott ihm gewährt hatte, treu sein wollte. Ich konnte mir nur zum Teil vorstellen, wie sehr sein Herz hinund hergerissen war. Franz hatte sich in seinen letzten Briefen oft auf das verzweifelte Gebet Jesu in Getsemani bezogen: Nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe. Ich verstand nun warum. 

Der Gemeindepfarrer und der Bischof hatten Franz früher erklärt, dass er nicht nur seinem Land gegenüber verpflichtet sei, sondern vor allem seiner Frau und seinen Kindern. Seine Antwort war immer die gleiche – nämlich, dass Jesus zu uns sagte: „Wer Mutter, Vater, Frau oder Kinder mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig.“

 

P. Donald Moore SJ ■

 

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Artikel im Orginial

 

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