Ihr Platz ist in unserer Mitte!
Fast 20 Prozent der Bevölkerung haben eine Beeinträchtigung. Haben sie einen entsprechenden Platz in unseren Pfarrgemeinden?
"Wir dürfen nicht in Gleichgültigkeit verharren, sondern wollen Werkzeug der Barmherzigkeit Gottes sein, um denen Freude und Würde zu geben, die sie verloren haben", sagte Papst Franziskus am 7. November 2016 zu den Pilgern am Petersplatz, unter denen auch die Teilnehmer der Leserreise der Kärntner Kirchenzeitung waren.
Der 3. Dezember, Internationaler Tag der Menschen mit Behinderung, erinnert daran, dass mitten unter uns immer noch Menschen leben, die übersehen werden: "Bei uns gibt es keine Behinderten", wird gerne begründet, weshalb keine Maßnahmen ergriffen werden, die seit 1. Jänner gesetzlich geforderte Barrierefreiheit umzusetzen. Aber es gibt sie. Und sie leiden darunter, dass sie nicht wahrgenommen werden.
Papst Franziskus erinnert immer wieder daran, dass Jesus in besonderer Weise in den Schwachen, Benachteiligten, in den Menschen am Rand der Gesellschaft gegenwärtig ist. Er ruft auf, zu ihnen an die Ränder der Gesellschaft zu gehen. Und weist darauf hin, dass von diesem Aubruch auch eine Erneuerung der Kirche ausgeht.
Freude und Würde wiedergeben
Trifft das nicht ins Herz? Wie oft wird über Reformbedarf geklagt, über Schwund an "Kirchenbesuchern" – und auf der anderen Seite warten Menschen auf Zeichen dafür, dass sie willkommen sind. Menschen mit Hörbeeinträchtigung, Sehbeeinträchtigung, Beeinträchtigung der Mobilität, mit intellektueller Beeinträchtigung: Wollen wir ihnen die Freude und Würde wiedergeben, so müssen wir sie aufsuchen und ihnen wieder einen Platz in unserer Mitte geben: einen Platz im Pfarrgemeinderat, einen Platz in der Erstkommunion- und Firmvorbereitung...
Dadurch wird manches anders werden: Ist die Mühe, sich auf etwas Neues einzulassen, erst einmal überwunden, so braucht es dann Aufmerksamkeit und Sensibilität, um mit der Behinderung des anderen umgehen zu lernen.
Uns selbst erneuern lassen
Nicht selten kann das auch wehtun, denn oft sind Behinderungen mit Erfahrung von Leid und Schmerz verbunden. Und nicht selten berührt das auch unsere eigenen Wunden, die bisher keinen Platz hatten... Neben der größeren Sensibilität füreinander können so auch ein Anfreunden mit den eigenen Grenzen und ein Heilungsprozess der eigenen Verletzungen beginnen.
In einer Ansprache an Seelsorgerinnen und Seelsorger für Menschen mit Beeinträchtigung erläuterte Papst Franziskus, dass schon viel geschehen sei. "Dennoch tun sich unsere Gemeinden immer noch schwer, eine wahre Inklusion durchzuführen: eine volle Einbeziehung, die endlich gewöhnlich, normal wird. Und dazu bedarf es nicht nur besonderer Techniken und Programme, sondern vor allem der Aner- kennung und Annahme der Gesichter, der beharrlichen und geduldigen Gewissheit, dass jeder Mensch einzigartig und unwiederholbar ist und jedes Gesicht, das ausgeschlossen wird, die Gemeinschaft ärmer werden lässt. [...] Unsere christlichen Gemeinden müssen 'Häuser' sein, in denen jedes Leiden Mit-Leiden findet, in dem jede Familie mit ihrer Last an Schmerz und Mühe sich verstanden und in ihrer Würde geachtet fühlen kann."
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Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors Georg Haab, Kontaktstelle "Seelsorge für Menschen mit Behinderung".