22. Dezember: Gott auf dem Weg zu den Menschen
Es gibt eine Geschichte von einem Wissenschaftler, der Gott erforschen und finden wollte, wie eine Pflanze oder ein neues Material.
Er machte sich also daran, suchte Bücher zusammen, sprach jeden Tag Gebete, dann hörte er, dass er auch sozial sein sollte und auch ab und zu die Ruhe suchen sollte. Das absolvierte er Tag für Tag – es tat sich nichts. Obwohl er bereits überlegte, in welchem Magazin er seine Forschungsergebnisse veröffentlichen wollte, es stellte sich kein Erfolg seines Forschens ein.
Bis er eines Tages Freunden sein Leid klagte. Diese gaben ihm den Tipp: Gott schenkt sich dir. Er lässt sich nicht machen.
Das ist auch meine große Überzeugung: Gott schenkt sich den Menschen und ist bereits dort, bevor ich als Seelsorgerin hinkomme. Das erlebe ich auch immer wieder, wenn ich mit Menschen in der Straßenbahn über ihr Leben ins Gespräch komme.
In drei Tagen ist Weihnachten. Gott geht den Weg zu den Menschen. Und die Weihnachtsgeschichte ist deutlich:
Maria bekommt den Heiland nicht im Zentrum der Stadt und bei den Mächtigen. Sie haben gar keinen Platz dort. Maria und Josef finden am Rand der Stadt im Dunkeln ihren Platz. Dort bringt sie das Kind zur Welt. Ein spiritueller Lehrer hat zu mir vor Kurzem gesagt: „Inspiration findet man in den Grauzonen des Lebens.“ In der dunklen Hütte am Feld war es plötzlich hell. Es leuchtete weit, sodass auch andere hinliefen und fasziniert waren.
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In der „Grauzone“ – der Hütte mit Futterkrippe am Feld – kommt der Heiland, der Messias zur Welt. Was heißt das?
Vielleicht zeigt es uns, dass der Heiland in den Grauzonen unserer Gesellschaft zu finden ist, im ganz normalen Leben. Das Leben, das nicht immer nur glatt geht. Bei Menschen, die nicht immer nur glänzen und alles haben, volle Leistung erbringen.
Ich bin überzeugt, dass ich Gott nicht in andere Menschen einpflanzen kann. Gott schenkt sich den Menschen, er ist schon dort, bevor ich als Seelsorgerin oder Theologin komme. Das Licht dort bei diesen suchenden Menschen zu sehen, sie deshalb zu schätzen und sie die Liebe spüren zu lassen, das ist die Weihnachtsbotschaft heute. Dieses Licht leuchtet in unseren Kindern, die so unverblümt reden, in unseren Jugendlichen, die kratzbürstig, aber ehrlich sind, in den anstrengenden Nachbarn und in den Kranken, Traurigen und Armen.
Mag.a Gabriele Eder-Cakl
Direktorin des Pastoralamts der Diözese Linz und Projektleiterin des „Zukunftswegs“ der Katholischen Kirche in Oberösterreich