Gedanken zum 2. Sonntag nach Weihnachten
Liebe Mitchristinnen, liebe Mitchristen!
Viele von Euch waren schon einmal im Musiktheater oder in der Oper und hatten das Vergnügen eine Oper oder eine Operette zu hören.
Am Anfang jeder Aufführung steht eine Ouvertüre, ein rein instrumentales Vorspiel, das die wichtigsten Themen gleichsam vorwegnimmt, das uns hineinblicken lässt, was uns an diesen Abend erwartet. Was wir heute im Evangelium gehört haben, ist auch gleichsam ein Vorspiel eine Ouvertüre. Johannes beginnt nämlich sein Evangelium im Gegensatz zu den anderen Evangelisten mit einem wunderbaren Prolog, in dem er die zentralsten Dinge des Glaubens vorwegnimmt, einen Prolog der die wichtigsten Texte der darauf folgenden Botschaft zusammenfasst. So ist der Prolog des Johannes nicht nur ein wunderbarer Hymnus auf Christus, er ist ein Text der das zentrale Angebot des Glaubens ist.
Die zentralste Stelle der heutigen Botschaft lautet nämlich für mich: Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. Er war in der Welt und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht Kinder Gottes zu werden.
Diese Sätze sind für mich gleichsam die Zusammenfassung für das große Angebot „Glauben“.
Der Schriftsteller Axel Hacke hat dieses Angebot in seinem wunderbaren Märchen „die Tage, die ich mit Gott verbrachte“ auf den Punkt gebracht, besser gesagt auf einige Punkte gebracht.
In der Geschichte geht es um einen Mann, der sich immer öfter mit einem älteren Herrn trifft, und mit dem er über das Leben philosophiert. Im Laufe der Geschichte stell sich heraus das der ältere Herr Gott ist.
Und dieser ältere Herr lehrt den Mann in dieser Geschichte einige Lektionen:
Glauben heißt mich von Gott schubsen lassen, damit die Welt mich nicht erschlägt. Gewöhnungsbedürftig, aber treffen ist hier ein wichtiger Aspekt meines Glaubens ausgedrückt: Ich möchte mich von Gott anstoßen lassen, damit das, was auf unserer Erde passiert, mich nicht erdrückt. Die Texte der Bibel sollen mich aufrütteln, die Worte des Propheten sollen mich aus dem Schlaf der Sicherheit wecken, die Geschichten Jesu sollen mir Beine machen – damit die Welt mir nicht auf den Kopf fällt; damit ich nicht hilflos dem ausgeliefert bin, was um mich herum geschieht. Glauben heißt: mich von Gott schubsen lassen, damit die Welt mich nicht erschlägt.
Glauben heißt aber auch: die Unbegreiflichkeit Gottes ein Leben lang aushalten. Glauben ist nie fester Besitz, ein Wissen der Wahrheit – sondern bleibt immer ein Suchen, ein Sich-Herantasten an unsere persönliche Antwort auf die Fragen, die das Leben uns stellt. Glaube ist nicht eine Sammlung von auswendig gelernten Katechismussätzen, sondern ein Vertrauen darauf, dass Gott uns begleitet und stützt, auch wenn wir ihn nicht verstehen. Für viele steht diese schwere Lektion täglich auf dem Stundenplan. Glauben heißt die Unbegreiflichkeit Gottes ein Leben lang aushalten.
Glauben heißt: darauf vertrauen, dass Gott an mich glaubt. Diese Lektion ist äußerst sympatisch: Gott glaubt an mich. Er traut mir zu , dass ich trotz allem was in dieser Welt schiefläuft mein Leben meistere; das ich trotz Leid, Krankheit und allem Unverständlichen meinen Weg finde und nicht verzweifle; dass ich für mich einen Sinn entdecke und mir meines Wertes immer mehr bewusst werde. Glauben heißt; darauf vertrauen, dass Gott an mich glaubt.
In diesem Sinn hat Glaube für mich sehr viel mit Gnade zu tun: nicht umsonst heißt es am Ende das Prologes: Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, Gnade über Gnade. Denn das Gebot wurde durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus.
Amen.