Kunstgeschichte der Pfarrkirche
Da die Pfarre Oftering bereits um 1150 errichtet wurde, dürfte dies nicht der erste Kirchenbau in Oftering sein.
Der Innenraum der heutigen Kirche hat, da er im Laufe der Jahrhunderte nur wenig verändert wurde, noch viel von seiner ursprünglichen Geschlossenheit bewahrt.
Die wenigen bildlichen Kunstwerke der Pfarrkirche Oftering stellen wesentliche Bezüge zum christlichen Glauben im Allgemeinen und zu den Kirchenpatronen im Speziellen her. Neben dem Kreuzweg an den Wänden des Kirchenschiffs und der spätgotischen Marienfigur an der Mittelsäule fallen die barocken Figuren der Kirchenpatrone Petrus (links, mit dem Schlüssel) und Paulus (rechts, mit dem Schwert) auf den Seitenaltären auf. Der ebenfalls barocke Hochaltar zeigt im Hauptbild die Kreuzigung Christi, in dem kleinen Bild darüber Gott Vater. Links unter dem Kreuz befinden sich Maria und der Lieblingsjünger, rechts der römische Hauptmann und weitere ZuschauerInnen.
Von besonderer Bedeutung sind die spätgotischen Freskenmalereien an den Wänden des Chores (Ende 15. Jh.) und die darunter befindlichen Chorgestühle. Auf der rechten Seite ist im Fresko (= einer Malerei, die auf den frischen, noch feuchten Putz aufgetragen ist, damit die Farben in den Putz eindringen und sich so besser halten) die Geißelung Jesu dargestellt.
Das spätbarocke Chorgestühl darunter zeigt zwei Szenen aus dem Leben des Apostels Paulus: Links seine Bekehrung vor den Toren von Damaskus: Paulus, der zunächst die Christen erbittert verfolgt hat, sieht in einem hellen Licht den Auferstandenen, er erblindet für einige Zeit und bekehrt sich daraufhin zum Christentum (vgl. Apg 9). Rechts ist die Predigt des Paulus auf dem Areopag, dem Marktplatz von Athen dargestellt. Auf einer seiner Missionsreisen kommt Paulus nach Athen und diskutiert mit den Philosophen der verschiedenen Philosophenschulen. Geschickt weist er sie darauf hin, dass es in Athen einen Altar gibt, der „einem unbekannten Gott” geweiht ist. Dieser unbekannte Gott, so Paulus, sei der Schöpfer des Himmels und der Erde, an den die Christen glauben. Doch als er hinzufügt, dass dieser Gott Jesus von den Toten auferweckt habe, beenden die Philosophen enttäuscht das Gespräch. An die Auferstehung wollen sie nicht glauben (Apg 17,16-34).
Das Fresko auf der linken Chorwand ist ein im späten Mittelalter höchst beliebtes Bild: Die sog. Gregorsmesse.
Eine Legende dieser Zeit erzählt, dass Papst Gregor dem Großen (540-604) während einer Messfeier Jesus als leidender Schmerzensmann erschienen sei. Dieses eucharistische Wunder, von dem man 900 Jahre nach seinem angeblichen Ereignis erstmals erzählt (!), stellt das Fresko dar - es gehört zu den beliebtesten spätmittelalterlichen Bildern und findet sich in vielen gotischen Kirchen.
Links unten im Eck kniet eine sehr klein dargestellte Frau, vermutlich die Stifterin des Bildes. In der Mitte steht der Papst bei der Messfeier, soeben hat er die Hostie zur Wandlung erhoben, Kelch und Messbuch sind auf dem Altar. Rechts vor ihm steht ein Diakon, links hinter ihm zwei weitere Kleriker, die den Bischofsstab und die Tiara, die Papstkrone tragen. Eine feierliche Pontifikalliturgie ist zu sehen.
Rechts über dem Papst, in größter Nähe zur gewandelten Hostie, erscheint Christus als Schmerzensmann. Über und neben ihm sind alle Gegenstände zu sehen, die mit seinem Leiden zu tun haben. Von links oben nach rechts unten sehen wir: Den Schwamm mit Essig, der dem Gekreuzigten gereicht wurde; die Lanze, mit der Jesu Seite nach seinem Tod durchstochen wurde; das Kreuz selbst; die Geißel; Fesseln; einen Hammer und eine Zange; die Würfel, mit denen die Soldaten um Jesu Leibrock würfelten; einen Sack mit dem Geld, das Judas für den Verrat erhielt; das Waschbecken, in dem Pilatus seine Hände in Unschuld wusch; Nägel; den Hahn, der beim Verrat des Petrus krähte; den ungeteilten Leibrock Jesu, um den die Soldaten losten.
Die gesamte Passion wird in diesem Bild verkürzt zusammen gezogen, im Grunde ist das Fresko eine Art Kreuzweg in Kurzfassung. Aber, so will das Bild der Gregorsmesse uns sagen, in der Eucharistie wird dieses Geschehen des Leidens und Sterbens Jesu für uns gegenwärtig. Wir selber schauen auf den Gekreuzigten, wenn wir Messe feiern.
Das Chorgestühl auf der linken Seite zeigt zwei Szenen aus dem Leben des Apostels und Kirchenpatrons Petrus: Links die Erzählung von seiner Berufung: Obwohl Petrus und seine Freunde eine ganze Nacht erfolglos im See Genesaret gefischt haben, fahren sie auf Jesu Weisung hin nochmals zum Fischen aus und bringen reichen Fang nach Hause. Als Petrus sieht, was geschehen ist, geht er zu Jesus und sagt: Geh weg von mir, ich bin ein Sünder! Jesus aber sagt ihm, er wolle Sünder berufen und ihn, Petrus, zum Menschenfischer machen (Lk 5,1-11).
Rechts ist das Messiasbekenntnis des Petrus dargestellt: Für wen haltet ihr mich, fragt Jesus seine Jünger. Petrus traut sich als Einziger, Jesus als Messias zu bekennen. Da nennt ihn Jesus den Felsen, auf den er die Kirche bauen will, und sagt ihm, dass er ihm die Schlüssel zum Himmelreich übergibt. Der Weg, den Petrus als Weg zum Himmel lehrt, wird der richtige Weg sein, und ihm sollen die Jünger folgen (Mt 16,13-20).
So unscheinbar die Ofteringer Kirche auf den ersten Blick wirken mag - bei genauem Hinsehen kann sie dennoch einen großen Reichtum an Glaubenszeugnissen zu öffnen. Lassen Sie diesen Reichtum auf sich wirken, schauen Sie genau hin und nehmen Sie sich Zeit, das Betrachtete in Ihr Herz aufzunehmen!
Univ.-Prof. Dr. Michael Rosenberger, Kurat