Gewissensspiegel
Spiritualität und Menschlichkeit
Geistliches und menschliches Leben gehören zusammen und dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Wir brauchen geistliche Menschen und menschliche Geistliche. Wie geistlich jemand lebt, zeigt sich in seinem menschlichen Verhalten.
Papst Franziskus betont „die Menschlichkeit ist die Fähigkeit allen mit zärtlicher Zuneigung, Vertrauen und Liebenswürdigkeit zu begegnen.“ (vgl. Phil 4,5)
- Bin ich ein spiritueller Mensch?
- Wie spirituell lebe ich, wie menschlich bin ich dabei?
- Woran können andere erkennen, dass ich in meinem gemeinschaftlichen Glaubensleben auch menschlich bin?
- Wo und wie werden in meinem alltäglichen Leben Früchte des Geistes sichtbar?
Liebe und Wahrheit
Das häufig sehr strapazierte Wort „Liebe“ lässt sich mit Wohlwollen sehr gut übersetzen. Wohlwollend und wahrhaftig mit sich und mit anderen umzugehen entspricht der goldenen Regel, die Jesus uns ans Herz legt. Menschen, die sich lieblos und unaufrichtig verhalten, verletzen ihre Mitmenschen und fügen ihnen oft viel Leid zu.
Wahrheit ohne Liebe heilt nicht, sondern stellt bloß. Sie fixiert Menschen auf das Negative, das auch in ihnen ist. Sie urteilt ab. Sie richtet hin, statt dass sie aufrichtet.
Liebe ohne Wahrheit ist Heuchelei. Sie erreicht den Mitmenschen nicht so, wie er wirklich ist, sondern so, wie ICH ihn gerne haben will.
- Bin ich liebevoll und wahrhaftig zugleich?
- Können andere merken, wie wohlwollend und wahrhaftig ich bin?
- Versuche ich Liebe und Wahrheit in Einklang zu bringen?
- Übe ich, die Wahrheit in Liebe zu sagen?
Ehrlichkeit und Reife
Wie ehrlich und reif jemand als Mensch ist, zeigt sich in seinem Verhalten, seiner Einstellung, seinem Reden und seinem Urteil. Reife lässt sich weder machen noch erzwingen. Früchte reifen in der Sonne, aber auch bei jeglichem Wetter; Menschen reifen in der Liebe, aber auch in all ihren Erfahrungen.
Um reif zu werden braucht es Zeit. So ist die Reife oft auch ein Qualitätsmerkmal von älteren Menschen. Reif ist jemand, der durch Enttäuschungen nicht bitter, sondern gelassener wird.
- Bemühe ich mich ein ehrlicher und reifer Mensch zu sein?
- Verstehe ich Entwicklungen und Krisen als Reifungszeit?
- Bejahe ich Schmerz und Entbehrung als Chance zum Reifen?
- Wo gibt es Situationen, in denen ich unreif reagiere?
- Wie bilde ich mir meine ehrliche kritische Meinung?
Achtung und Demut
Respektvolle und demütige Menschen wissen, was sich gehört. Sie gehen achtsam, aber nicht empfindlich, ehrfürchtig, aber nicht verkrampft mit sich und anderen um.
Teresa von Avila sagt: „Demut ist der Mut, sich nicht zu vergleichen.“ Es bedeutet zu meiner Größe, meinen Gaben und Grenzen zu stehen, mich selbst in meiner mir eigenen Art, mit meiner Geschichte, meinen Stärken und Schwächen zu bejahen. Respekt gilt es vor allem auch denen gegenüber zu zeigen und zu wahren, die anders sind und aus meiner Sicht ungewohnt reagieren.
- Begegne ich anderen Menschen auf Augenhöhe und mit Respekt?
- Bin ich in meinem Umgang mit mir und anderen demütig und bescheiden?
- Neige ich oft dazu, mich mit anderen zu vergleichen?
- Habe ich den Mut, zu mir selbst zu stehen, meine Meinung zu vertreten, auch bei Gegenwind?
- Wie kann ich anderen in Würde dienen, ohne unterwürfig zu sein?
Großherzigkeit und Aufmerksamkeit
Die wahre Größe eines Menschen zeigt sich in seinem Umgang mit den kleinen Dingen des Alltags. Unser Leben besteht oft aus vielen Kleinigkeiten, die uns freuen, überraschen, erstaunen, aber auch stören, ärgern oder aufreiben können.
In all dem nicht kleinlich, kleinkariert oder engstirnig, abgestumpft oder gleichgültig, sondern großzügig und aufmerksam zu sein, ist eine hohe Kunst.
- Bin ich ein aufmerksamer Mensch?
- Lebe ich achtsam?
- Ist mein Denken und Reden eher großzügig oder kleinlich?
- Übe ich in den Kleinigkeiten meines Alltags die eigene Herzensbildung?
Vertrauenswürdigkeit und Nüchternheit
Die Grundkraft unseres Lebens ist das Vertrauen. Darum geht es immer wieder darum, Vertrauen zu schenken, es einzuüben, aufzubauen, auch dann, wenn es enttäuscht, missbraucht oder gar zerstört wurde. Gott kommt uns immer neu vertrauensvoll entgegen, schenkt uns sein Vertrauen, vertraut sich uns an, traut uns viel zu, damit auch wir vertrauenswürdig und nüchtern sind zu ihm und zueinander.
Dazu sagt Papst Franziskus: „Die Nüchternheit ist die Fähigkeit, auf Überflüssiges zu verzichten und der herrschenden Konsum-Mentalität zu widerstehen. Nüchternheit bedeutet Klugheit, Schlichtheit, Wesentlichkeit, Ausgeglichenheit und Mäßigung. Nüchternheit bedeutet, die Welt mit den Augen Gottes zu betrachten. Die Nüchternheit ist ein Lebensstil.“
- Können andere mir vertrauen?
- Bin ich diskret und verschwiegen?
- Neige ich zu Übertreibungen und Schwärmereien?
- Traue ich anderen genügend zu?
- Bin ich eher ein vertrauender oder misstrauischer Mensch?
- Ist mein Lebensstil einfach, bescheiden, und kritisch?
Durch diese Gewissenserforschung kann ich mich selbst fragen und fragen lassen nach meiner eigenen Liebe zu Gott, zu meinen Nächsten und zu mir selbst. In diesem Dreiklang bewegen wir uns im Alltag unseres Lebens, in unseren Beziehungen und Begegnungen.
Gewissensspiegel Pfarrgemeinde Altenberg – Fachteam Spiritualität