Erdbeben in Syrien
Der aus Münzkirchen im Innviertel stammende junge Jesuit wohnt und wirkt seit Sommer 2021 in Homs in Syrien. Er ist wohl einer jener wenigen Österreicher, die sich entschieden haben in Syrien zu leben. In einer kleinen internationalen Kommunität in Homs war er für die Jugendarbeit zuständig. War zuständig, denn das verheerende Erdbeben, welches in der Türkei und in Nordsyrien Tod und Zerstörung und unvorstellbares menschliches Leid mit sich zog, hat auch seinen Alltag sehr verändert.
Das Beben hatte auch Gerald Baumgartner in Homs aus dem Schlaf gerissen. „Zerstörungen gab es hier glücklicherweise keine, aber die Leute sind oft stundenlang draußen im Regen gestanden, weil sie sich vor einem weiteren Beben gefürchtet haben“, berichtete er nach Hause in die Heimat Österreich. Bald schon kamen die ersten Geflüchteten aus Aleppo und Latakia und die Jesuiten organisierten eine erste Nothilfe mit Essen, Kleidung, Decken und Matratzen.
Nach ersten Wochen immensen Einsatzes und wenigen Schlafes meldet sich Gerald Baumgartner nun wieder aus Homs: „Das große Erdbeben in der Grenzregion von Syrien und Aleppo ist mittlerweile zwei Monate her. Wie fast alle Menschen in Syrien hat es auch mein Leben gewaltig auf den Kopf gestellt. Vorher war ich der Zuständige für die jesuitische Jugendarbeit in Homs, seit den ersten Tagen nach dem Erdbeben hat mich der Orden völlig für die Arbeit mit den aufgrund des Erdbebens geflüchteten Menschen freigestellt. Jetzt arbeite ich mit dem JRS (Jesuit Refugee Service / Jesuiten-Flüchtlingsdienst) und bin der Koordinator für die Erdbeben-Nothilfe in unseren Zentren in Mittelsyrien.
Bei uns gab es zwei Phasen der Nothilfe. Im ersten Monat hat sich unsere Hilfe auf die größten Nöte beschränkt. Täglich kamen dutzende Familien aus Aleppo und Latakia in Homs an. Sie hatten Angst, haben gefroren, hatten nichts bei sich. Das Ziel war Überleben! So haben wir am ersten Tag eine Notküche gestartet, haben Menschen mit Kleidung, Hygieneartikel, Medikamenten und Essen versorgt. Viele Familien wussten nichts über den Zustand ihres Hauses in ihrer Heimatstadt. Als die Nachbeben weniger wurden, und die Nothilfe in Aleppo anrollen konnte, kamen dann immer weniger Menschen bei uns an und viele Familien kehrten zurück.
Seit Mitte März läuft für uns deswegen die zweite Phase unserer Nothilfe. Die Frage ist nicht mehr, wie helfen wir den Menschen zu überleben, sondern wie helfen wir ihnen zu leben? Die Familien, die jetzt noch in Homs und Umgebung verblieben sind, haben wirklich alles verloren und sehen keinen Grund oder keine Möglichkeit wieder in ihre Ursprungsstadt zurückzukehren. Wir haben alle diese Familien in ihren Unterkünften besucht und begleiten sie psychologisch und mit sozialen Hilfen - wie Essenspakete, Hygienepakete, Mietunterstützung usw. Unser Ziel ist jetzt Nachhaltigkeit. Wie können wir diesen am meisten verwundeten Familien helfen wieder auf die Beine zu kommen? Neben unseren Besuchen und der Verteilung der Hilfsgüter bieten wir auch Psychosoziale Begleitung an.
Während des Ramadans haben wir die Familien wöchentlich zu uns zum Fastenbrechen eingeladen. Am späten Nachmittag empfangen wir in unserem Zentrum die ganze Familie. Wir bereiten Aktivitäten für die Kinder und Jugendliche vor und mit den Eltern machen wir Austauschrunden. Erst sind alle ganz schüchtern, das erste Mal kommen sie zu uns, sie kennen die Stadt nicht, kennen sich untereinander nicht. Im Nu ist unser Spielplatz erfüllt von Kindergelächter, in den Räumen malen die kleinen Kinder und die Erwachsenen tauschen sich über ihre Erfahrungen aus. Wenn wir dann gemeinsam essen ist die Atmosphäre wie in einer großen Familie. Wir tauschen uns aus, lachen und essen. Es ist laut, es herrscht Leben. Als ich das letzte Mal die Familien danach verabschiedet habe, war ein kleiner Junge, sein Name ist Rami, fast etwas traurig und hat mich gefragt: „Mein Bruder, es war so schön, wann darf ich wieder kommen?“
Besonders jetzt versuchen wir durch unsere Arbeit diese Familien zu begleiten, ihnen zu helfen, wieder ein Sicherheitsgefühl zu bekommen, und sie so zu ermächtigen, ihr Leben wieder eigenständig zu führen.“
Für Spenden sind Gerald Baumgartner und die Jesuiten äußerst dankbar.
Möglich ist dies über
Missionsstelle der Diözese Linz
Kennwort: Nothilfe Homs
IBAN: AT71 5400 0000 0038 3117