Über den Tod hinaus verbunden bleiben
Vor allem am Land gibt es nach wie vor den adventlichen Brauch des “Herbergsuchens“, bei dem Familienmitglieder und Nachbarn sich um ein Marienbild versammeln, um miteinander zu beten, zu singen und zu reden. Danach „wandert“ das Bild in ein weiteres Haus, in dem die nächste Zusammenkunft stattfindet. Im heurigen Jahr muss diese Form gelebter Gemeinschaft coronabedingt pausieren.
Für mich habe ich eine Alternative überlegt: Ich stelle bewusst die vier Scherenschnitte jener Laterne aus Tonpapier auf, die mir Roswitha Unfried vor vielen Jahren geschenkt hat. Wenn ich dann eine Kerze entzünde, werde ich an Roswitha, die heuer verstorbene Linzer Ordensfrau und ehemalige Bibelwerksleiterin, denken.
Und noch mehr: Ich werde auch an jene sudetendeutsche Familie denken, die die Laterne als Dank für die Aufnahme nach der Flucht 1945 bei Familie Unfried in Linz gebastelt hat. Niemand soll vergessen sein in dunkler Zeit.
Scherenschnittlaterne. © Kranzl-Greinecker
Erinnerungen weitertragen, Geschichten sorgfältig bewahren, mit Menschen über den Tod hinaus verbunden bleiben – auch das ist für mich adventliche Hoffnung.
Martin Kranzl-Greinecker
Chefredakteur des Fachjournals UNSERE KINDER