Fastentücher
Fastentücher entstanden etwa um das Jahr 1000 im Gebiet nördlich der Alpen und dienten im Mittelalter zur Verhüllung des gesamten Altarraumes. Auf den Bildern waren in unzähligen Feldern Szenen aus dem Alten und Neuen Testament zu sehen (es handelte sich um sogenannte „Bilderbibeln“). Erst ab dem 16. Jahrhundert wurden die Fastentücher in ihren Dimensionen kleiner und dienten nur mehr zum Verhüllen des Altarbildes. Zu dieser Zeit entwickelten sich einzelne Szenen aus der Passion (Leidensgeschichte Jesu) als Darstellung (Andachtsbilder) heraus, am häufigsten die Kreuzigung.
Historische Fastentücher
Fastenbilder oder Fastentücher gibt es in zahlreichen oberösterreichischen Pfarren zu entdecken. Der größte Zyklus an Fastenbildern ist in der ehemaligen Stiftskirche von Garsten zu finden. Das Kreuzigungsbildnis für den Hochaltar stammt von Johann Carl von Reslfeld und ist mit 1697 datiert. Mit über 30 Quadratmetern Fläche ist es das größte Exemplar in Oberösterreich. In Garsten sind noch 18 weitere Fastenbilder von 1777 vorhanden, welche die Seitenaltäre und auch die bunten Wandgobelins verhüllten. Diese in Grautönen gehaltenen Bilder werden der Werkstatt von Martin Johann Schmidt zugerechnet. Das barocke Fastentuch in der Pfarrkirche Schiedlberg von Johann G. Morzer aus dem Jahr 1742 ist eines der ältesten in Gebrauch befindlichen Fastentücher in Oberösterreich.
Zeitgenössische Fastentücher
Daneben gibt es auch zeitgenössische Fastentücher, zum Beispiel das von Künstlerin Caroline Heider in der Pfarrkirche Eferding geschaffene Fastentuch aus dem Jahr 2012, dessen Ausgangsmotiv eine historische Fotografie des Sternennebels „M8,NGC6523“ aus den 1920er-Jahren bildet. Ein von der Künstlerin Andrea Pesendorfer geschaffenes Fastenbild ist seit 2016 in der Pfarrkirche Linz-St. Magdalena zu finden – das Werk mit dem Titel „Katenoide“ verdeckt das gesamte Hochaltarbild und scheint zu schweben. In der Pfarrkirche Vöcklamarkt wurde 2020 mit dem neu gestalteten Fastentuch von Nicole Six und Paul Petritsch ein Werk geschaffen, das aus Hightech-Material gefertigt ist und durch seine silberfarbene Oberfläche einen Bezug zur barocken, mit viel Gold geschmückten Kirchenausstattung herstellt und gleichzeitig in unserer Zeit verortet. In der Pfarre Prambachkirchen existiert seit 2022 ein von dem Zitat „Halt an! Wo läufst du hin? Der Himmel ist in dir! Suchst du Gott anderswo, du fehlst ihn für und für.“ des Mystikers Angelus Silesius inspiriertes Fastentuch, geschaffen von der Künstlerin Evelyn Kreinecker. Das Fastentuch lässt Betrachter:innen eintauchen in einen Raum voller Verbindungen, Verwurzelungen und Verzweigungen. Inspiriert durch eine mit Asche gezeichnete Skizze ihres verstorbenen Vaters Franz Kohler hat Klara Kohler ein großformatiges Fastentuch (4 x 3 Meter) mit einer Darstellung der heiligen Christophorus für die Pfarrkirche Gunskirchen geschaffen. Für die Kapelle des Linzer Bischofshof entstand im Winter 2022/2023 unter der Anleitung der Künstlerin Cécile Belmont ein Fastentuch, das vor der Kulisse von Linz ein Bildnis des „Christus in der Rast“ nach einer Skulptur aus dem 16. Jahrhundert zeigt. Das Projekt zum 160-jährigen Bestehen des Diözesankunstvereins besticht durch die kollektive Erschaffung – denn zahlreiche Interessierte bestickten das Fastentuch gemeinsam.
Verhüllen als „Fasten der Augen“
Das Verhüllen von Kreuzen, Altarbildern bzw. Teilen des Altarraums in den Kirchen während der Fastenzeit bzw. während der Karwoche ist ein „Fasten der Augen“. Es lenkt die Aufmerksamkeit auf das Wesentliche des Glaubens. Sind Triptychen und Flügelaltäre in einer Kirche vorhanden, sind diese häufig zugeklappt und zeigen die schlichter gestaltete Rückseite der Flügel.