ZuMUTung
ZuMUTung „Heiliger Geist“
Vor wenigen Tagen hat die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel die Einschränkung von Grundrechten in der Corona-Krise als „Zumutung“ für die Demokratie bezeichnet, die Maßnahmen aber zugleich als im wahrsten Sinne des Wortes not-wendig verteidigt.
Als Zumutung bezeichnen wir etwas, das für uns die Grenze des Zumutbaren erreicht oder überschreitet, das schwer ertragbar oder aushaltbar ist. Wir erleben es als Zumutung, wenn uns etwas abverlangt oder etwas eingefordert wird, was schwierig oder lästig ist oder unsere Möglichkeiten und mitunter auch unseren Willen übersteigt.
Eine wirkliche Zumutung
In diesem Wortsinn waren und sind für viele Menschen die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus und die damit verbundenen Folgen eine wirkliche Zumutung:
die massive Einschränkung der Bewegungsfreiheit, das Distanzhalten zu den Mitmenschen mit dem Erleben von Einsamkeit, der Mund-Nasenschutz, der an vielen Orten nach wie vor getragen werden muss, der Verlust des Arbeitsplatzes, die wirtschaftlichen Schwierigkeiten für viele Betriebe, die Armutsgefährdung vieler, der lange Ausfall der Gottesdienste, die nach wie vor nur unter strengen Hygienemaßnahmen stattfinden können, die Absage von unzähligen, manchmal auch jahrzehntelang gewohnten Veranstaltungen, usw.
Nicht zugetraut
Die Geschichte des Begriffs „Zumutung“ zeigt, dass sich die Bedeutung im Laufe der Zeit verändert hat. Abgeleitet wurde „Zumutung“ zunächst von der Bedeutung des lateinischen „imputare“, was soviel heißt wie „zuschreiben“. Auch wenn bei uns sprachlich vielleicht nicht mehr sehr gebräuchlich, so meint die Redewendung „Das habe ich dir nicht zugemutet“, dass man jemandem z.B. ein bestimmtes Verhalten nicht zugeschrieben, nicht zugetraut hat.
Ein wenig zu viel zugemutet
Zumutungen werden aber nicht nur von außen an uns herangetragen. Auch wir selber muten uns immer wieder Dinge zu, manchmal auch zuviel. Wenn es im Bauch kribbelt, die Hände feucht werden, uns Angstgefühle heimsuchen, dann merken wir manchmal, dass wir uns entweder selber oder andere uns ein wenig viel zugemutet haben.
Sich auf Neues einlassen
Andererseits entwickeln wir uns aber besonders dann weiter, wenn wir unsere Komfortzone verlassen, nicht nur beim Gewohnten und Bekannten bleiben, und uns auf neue, bisher unbekannte Wege, Herausforderungen, Zusammenhänge einlassen. Dazu braucht es aber Mut!
In der Coronakrise habe ich diesen Mut durchaus gespürt,
- als jüngere Personen den Kontakt mit meist älteren, kranken Menschen in ihrer Nachbarschaft aufgenommen haben und sich angeboten haben, Einkäufe zu erledigen;
- als Jugendliche für Menschen in Not Lebensmittel gesammelt und Hilfspakete zusammengestellt haben;
- als die Sozialpartner innerhalb weniger Tage die Regelungen für die Kurzarbeit erarbeitet haben;
- als Familien insbesondere in der Karwoche und an Ostern Hauskirche gelebt und miteinander den Glauben gefeiert haben;
- als Menschen bereit waren, selber ihre pflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen;
- als insbesondere innerkirchlich neue Wege der Kommunikation in Form von Videokonferenzen genützt wurden;
- als in den Pfarren Zeichen der Verbundenheit trotz aller physischen Distanzierung gesetzt wurden,
- uvam.
Der Liebe Gottes ein Gesicht geben
Als gläubiger Mensch sehe ich in all dem auch das Wirken Gottes, das Wirken des Heiligen Geistes. Als ChristInnen ist es uns zugemutet, die Liebe Gottes sichtbar zu machen, der Liebe Gottes ein Gesicht zu geben, sie konkret werden zu lassen. Das ist zweifellos nicht immer leicht und fordert heraus. - Mitunter überfordert uns dieser Auftrag auch manchmal. Aber genau da dürfen wir uns vom Geist Gottes getragen, gehalten, bestärkt und ermutigt wissen und erfahren.
Das Kommen des Heiligen Geistes
Jesus hat uns aufgefordert, seine Zeugen und Zeuginnen zu sein. Er hat uns aber auch versprochen, dass er uns dabei nicht alleine lassen wird.
An Pfingsten feiern wir das Kommen des Heiligen Geistes, der uns geschenkt ist. Der Heilige Geist ist uns zugemutet, er ist uns als Getaufte zugeschrieben. Er wirkt ins uns. Er treibt uns an. Er ermutigt uns. Er wird sichtbar durch uns.
Michael Münzner ist Leiter des Priesterseminares und Diözesanjugendseelsorger