Den Samen pflegen
Vor gut sechs Wochen, zu Beginn der Quarantäne-Zeit, habe ich begonnen, bei uns zu Hause den Garten zu bearbeiten und einen neuen Rasen anzulegen. Eigentlich wollte ich das heuer noch gar nicht machen, da das Erdreich nach der Baustelle im letzten Jahr sich noch setzen muss und wir auch noch gar nicht so recht wissen, was wir mit diesem Teil des Grundstücks machen wollen.
Aber ich hatte ja Zeit, lockerte das Erdreich und streute Rasensamen aus. Jetzt nach 6 Wochen grünt es im Garten und die kahle Erde verschwindet schön langsam.
Die kahle Erde verschwindet langsam. (c) Drack
Doch bis der Samen zu wachsen begann, waren es lange Tage und unzählige Stunden, die ich damit verbrachte, dem Boden genug Feuchtigkeit zuzuführen, damit die Samen aufgehen konnten. Wie gesagt, ich hatte ja durch die erzwungene Pause genug Zeit zur Verfügung, die ich dafür aufwenden konnte.
Alltag
Langsam kommt der „normale“ Alltag wieder zurück, die Ausgangsbeschränkungen werden gelockert, das Leben nimmt wieder Fahrt auf.
Ab jetzt ist es die Herausforderung, neben dem Tagesgeschäft auch noch den Rasen weiter zu pflegen, zu gießen, damit er nicht eingeht, nur weil ich weniger Zeit für ihn habe. Und es wäre jetzt auch fatal zu sagen: „Eigentlich wollte ich heuer den Rasen eh nicht anlegen… ist mir doch egal, was mit ihm geschieht“, denn die Bemühungen der letzten Wochen, sie wären umsonst gewesen.
Aktiv und erfinderisch
In den vergangenen Wochen der Ausgangsbeschränkungen und Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie sind viele Initiativen entstanden. Vieles davon war vorher nicht einmal in Ansätzen geplant. Doch die Zeit, die wir zur Verfügung hatten, sie machte uns alle aktiv und erfinderisch.
Viele tolle neue Wege wurden in allen Bereichen der Gesellschaft eingeschlagen, z.B. die Nachbarschaftshilfe beim Einkaufen, Musik am Balkon, u.v.m. Und auch in den Religionsgemeinschaften und in den Kirchen hat sich viel Neues aufgetan, wurden viele kreative Ideen entwickelt.
Plötzlich war es möglich, verschiedene Kanäle zu bespielen, an die man vorher vielleicht noch gar nicht gedacht hat. Man erreichte über Angebote im Internet Menschen, die bisher keinen oder nur wenig Kontakt zur Kirche hatten.
Ein vielfältiges Angebot von Live-Übertragungen der Ostergottesdienste, über geistliche Impulse auf Facebook, virtuelle Kreuzwege, Materialien für Kirche zu Hause bis hin zur Firmvorbereitung übers Internet oder zu Angeboten für Kinder wurde von vielen zur Verfügung gestellt.
Den Weg weiterführen
Was passiert jetzt mit all den guten und kreativen Ideen, die wir in den letzten Wochen in Gesellschaft und Kirche aufgebaut haben, wenn der „Alltag“ wieder das Leben bestimmt?
Wie den Rasen, so könnten wir die Initiativen sich selbst überlassen und einmal schauen, ob noch etwas daraus wird. Doch werden die jungen Pflänzchen keine große Chance haben, wenn wir ihnen nicht genügend Nährstoffe zuführen, damit sie kräftig werden können, um einmal selbständig überleben zu können.
Daher liegt meine große Hoffnung darin, dass wir auch als Kirche den begonnenen Weg weiterführen, der aus der „Not“ heraus entstanden ist. Wir hatten jetzt Zeit und Energie viele Dinge zu entwickeln, die wir für heuer gar nicht vorgehabt haben. Jetzt haben wir die große Chance, diese Samen, die gesät wurden, weiter wachsen zu lassen, sie auch in den Alltag mitzunehmen und sie nutzbar zu machen.
„Schreckt nicht zurück vor dem nie Dagewesenen“ heißt es im Gebet für den diözesanen Zukunftsweg.
In dieser Zeit haben wir nicht zurückgeschreckt vor dem was nie da war und vieles ausprobiert, viele Samen gepflanzt. Jetzt liegt es an uns, sie weiter zu gießen, sie weiter zu pflegen, damit diese letzten Wochen auch Frucht bringen können und uns und die Menschen auch in Zukunft erfreuen.
Mag. Fabian Drack BA ist Pastoralassistent in Traun