Brauchtum im Advent
Adventskalender
Was Kindern leicht fällt, ist für Erwachsene oft schwer: Sich beschenken zu lassen. Jeden Tag. Der Adventskalender hat seit dem 19. Jahrhundert seinen Platz im christlichen Brauchtum: In vielen Formen verkürzt er die Tage bis Weihnachten oder – wie es in Thomas Manns „Buddenbrooks” heißt – bis zum „Nahen der unvergleichlichen Zeit”. Adventskalender waren zunächst Zählhilfe und Zeitmesser. In protestantischen Familien wurden 24 Bilder an die Wand gehängt oder 24 Kreidestriche an die Tür gemalt, von der die Kinder täglich einen Strich wegwischen durften. In katholischen Haushalten wurde täglich ein Strohhalm in eine Krippe gelegt. Weitere historische Formen waren Weihnachtsuhren oder Adventskerzen. Neben klassischen gedruckten Kalendern und selbstgebastelten Adventskalendern gibt es heute auch zahlreiche andere Ausprägungen des beliebten „Adventverkürzers“: Gebäude-Adventskalender, begehbare Adventskalender, virtuelle Adventskalender und umgekehrte Adventskalender.
Adventskranz
Der Adventskranz ist ein relativ junger Brauch: Er fand erst im 20. Jahrhundert von Deutschland ausgehend seine Verbreitung in Österreich. Als „Erfinder“ des Adventskranzes gilt Johann Hinrich Wichern aus Hamburg: In einem Hamburger Kinderheim wurde täglich während der Adventsandacht im Betsaal eine neue Kerze auf einem Wagenrad entzündet – kleine rote Kerzen für die Werktage, große weiße Kerzen für die Adventssonntage. Aus diesem Wichernkranz entwickelte sich schließlich der Adventskranz mit vier Kerzen, der seinen Weg vom protestantischen Norden Deutschlands in den katholischen Süden fand, bevor er nach 1945 auch weite Verbreitung in Österreich erlangte.
Barbarazweige
Der Heiligenlegende nach sollen auf dem Grab der Heiligen Barbara zu Weihnachten Blumen geblüht haben. In Erinnerung an diese Legende werden an ihrem Gedenktag, dem 4. Dezember, Obstbaumzweige (meist Kirschzweige) ins Wasser gestellt, die bis zum Heiligen Abend aufblühen und Segen für das kommende Jahr bringen sollen. Gleichzeitig erinnert der scheinbar leblose Zweig, der zu Weihnachten aufblüht, daran, dass auch uns neues Leben geschenkt ist durch die Menschwerdung des Gottessohnes.
Bratwürstlsonntag
Der erste Adventsonntag wird in Oberösterreich auch als Bratwürstlsonntag bezeichnet. Er verdankt seinen Namen der Tatsache, dass an diesem Tag vielerorts Bratwürste auf den Tisch kommen. Über die Herkunft dieses räumlich auf Oberösterreich beschränkten Brauches ist nichts bekannt.
Christkindlmarkt
Christkindlmärkte laden im Advent zum Bummeln und Einkaufen, zum Genießen und Einanderbegegnen ein. Ursprünglich boten Weihnachtsmärkte die Gelegenheit, sich mit winterlichen Bedarfsartikeln einzudecken. Heute gibt es auf den Märkten und Basaren von Gemeinden, Pfarren, Kindergärten oder Schulen eine Vielfalt an Produkten: Vom Kunsthandwerk bis zu Lebkuchen, vom Punsch bis zu Weihnachtsschmuck, oft begleitet von einem kulturellen Rahmenprogramm.
Frautragen
Beim Frautragen (auch Herbergssuchen) handelt es sich um einen der stilleren Bräuche im Advent, der in den Pfarren Oberösterreichs sehr unterschiedliche regionale Ausprägungen hat. Beim Frautragen wird ein Marienbild oder eine Marienstatue jeden Abend in der Pfarre (oder auch in der Nachbarschaft) herumgereicht. „Die Frau“ (bzw. „die Herberg“) wandert so von Familie zu Familie, die sie je für einen Tag bei sich aufnimmt und mit Liedern und Gebeten begrüßt und wieder verabschiedet. Mancherorts beginnt das Frautragen mit dem Advent, andernorts beschränkt sich der Brauch auf die letzten neun Tage vor dem Heiligen Abend.
Nikolausumzüge
Neben dem traditionellen Nikolausbesuch in Kindergärten, Kirchen und bei einzelnen Familien finden in vielen Gemeinden am Vorabend des Nikolaustages auch Nikolausumzüge statt. Neben dem Heiligen Nikolaus treten dabei wilde Kreaturen wie Krampus, Kramperl, Habergeiß, Klaubauf, Leutfresser oder Teufel in Erscheinung. Eine besondere Form des Nikolausumzugs gibt es beispielsweise in St. Nikola an der Donau, wo der Nikolaus per Schiff anreist: Schiffsleute fahren anschließend nach einer Festmesse auf die Donau hinaus und senken im Andenken an Verunglückte einen Kranz ins Wassser. Zu Pferde kommt der Nikolaus beispielsweise in Hellmonsödt, Lasberg, Oberneukirchen, Sarleinsbach oder Vöcklabruck an.
Räuchern
Ursprünglich wurde in den zwölf Raunächten zwischen der Thomasnacht am 21. Dezember (Wintersonnenwende) und Dreikönig am 6. Januar mit Weihrauch, Palmzweigen oder Kräutern das Haus von bösen Geistern befreit. Heute kann das Räuchern christlich gedeutet werden als Vorbereitung und Reinigung für die Ankunft des Herrn. Am bekanntesten sind die vier Raunächte 21./22. Dezember (Wintersonnenwende, Thomasnacht), 24./25. Dezember (Heilige Nacht), 31. Dezember/1. Januar (Silvesternacht), 5./6. Januar (Dreikönigsnacht).
Rorate
Zu Ehren der Gottesmutter Maria werden im Advent zu früher Morgenstunde – meist nur bei Kerzenlicht – Votivmessen abgehalten, die man aufgrund des lateinischen Eröffnungsverses aus dem alttestamentlichen Buch Jesaja (Jes 45,8) „Rorate caeli desuper, et nubes pluant justum!“ (auf deutsch: „Taut, ihr Himmel, von oben, ihr Wolken, lasst Gerechtigkeit regnen“) Roratemessen nennt. Oft folgt der Roratemesse das gemeinsame Frühstück der Gottesdienstgemeinde, damit diese nicht nur geistig, sondern auch körperlich gestärkt in den Tag starten können. Roratemessen werden meist nur bis zum 16. Dezember gefeiert – die Tage ab dem 17. Dezember sind der unmittelbaren Vorbereitung auf das Weihnachtsfest gewidmet.
Sonderpostamt Christkindl
Ein Besatzungsoffizier wollte bereits 1946 ein Weihnachtspostamt einrichten. Der Steyrer Briefmarkensammler Otto Trauner übernahm schließlich die Idee und eröffnete 1950 in Unterhimmel bei Steyr das erste Sonderpostamt, in dem Grußsendungen mit einem eigenen Weihnachts-Sonderstempel versehen wurden. Bereits im ersten Jahr wurden im Postamt Christkindl 42.000 Sendungen bearbeitet. 1965 zählte man schon über eine Million Briefe und Postkarten aus aller Welt. Seit 1965 kommen auch zwei Sonderstempel zum Einsatz: Vom Eröffnungstag bis zum 24. Dezember verleiht ein Stempel mit Weihnachtsmotiv den Briefen und Karten himmlische Flügel, von 27. Dezember bis 6. Januar weist ein Stempel mit den Heiligen Drei Königen den Neujahrswünschen den Weg. Hunderte Kinder schreiben jedes Jahr Briefe ans Christkind – und jedes Kind erhält eine Antwort aus Christkindl. Eine besondere Note bekommt die Weihnachtspost übrigens auch, wenn sie einen „Umweg“ über das Postamt Christkindl macht.
Turmblasen
Das Turmblasen zählte früher zu den traditionellen Aufgaben des inzwischen verschwundenen Berufs des Türmers oder Stadtpfeifers: Heute übernehmen dies in der Adventszeit Blasmusikerinnen und Blasmusiker und erfreuen mit besinnlichen Weisen die Menschen – ob vom Turm herab oder (oft aus Platzgründen) am Kirchplatz.
Weihnachtsbäckerei
Was wäre Advent ohne gemeinsames Kekseausstechen? Und fehlte nicht etwas in der dunklen Jahreszeit ohne den wunderbaren Duft aus dem Backofen? In den oberösterreichischen Pfarren ist der Keksteller mit vielen verschiedenen Sorten gefüllt: Ob Hauskekse, Eisenbahner oder Christstollen, ob Raunigel, Rahmkipferl oder Kokosbusserl – die Weihnachtsbäckerei gehört einfach zur adventlichen Stimmung dazu.