„Sport reißt Dich wie eine Religion aus dem Alltag...”
Ohne Bälle keine Leidenschaft!
Schon als kleiner Junge spielte der gebürtige Linzer Fußball – fasziniert hat Günther Lainer seit jeher jedoch besonders das Drumherum: die Aufstellung, die Spielzüge, die Taktik, aber auch der Auftritt von Spielern in den Medien, der Umgang mit Druck von außen... oder in der Lainer-Diktion: „Das, was der Kopf ausmacht!”
Mindestens ein Ball muss also im Spiel sein. Sonst geht bei Günther Lainer gar nichts. Wohl auch ein Grund, warum er leidenschaftlich gerne jongliert. „Der Ball ist etwas ganz Wesentliches, er ist einfach ein schönes Sportinstrument”, verrät der 47jährige. Angetan hat es ihm darum neben dem Fuß- und dem Tennisball auch der kleine Federball.
Denn heute spielt Lainer statt Fußball Badminton – sogar wettkampfmäßig, wenn auch nur gegen Kollegen, aber: „Es muss immer ein Match sein... da bin ich sehr ehrgeizig und ich kann mich einfach besser motivieren, wenn ich mich mit anderen messen kann und wir um Punkte, um den Sieg spielen.”
Über Ronaldo, Iniesta und den Mann in der Mitte!
Sich selbst hält Lainer für einen „mittelschlechten” Verlierer, den Mann in der Mitte der Extreme, der bei einem Erfolg sich selbst nicht zum Besten erklärt und bei einer Niederlage nicht anderen die Schuld gibt: „Nicht so wie Ronaldo beim Spiel Island – Portugal... ein schlechter Verlierer, der sich nicht fair von den Mitspielern oder vom Publikum verabschiedet. Das wirkt dann leicht unsympathisch...”
Anders charakterisiert Lainer den spanischen Mittelfeldspieler Andrés Iniesta: „Der wirkt geerdet, der setzt auch keine äußeren Glaubenszeichen, er spielt einfach und ist bescheiden...” Bescheidenheit und Gelassenheit sind für den früheren Religionslehrer Lainer generell wichtige Werte, die er aus seinem Glauben mitgenommen hat.
Fairness im Sport – und wo bleibt sie in der Gesellschaft?
„Fairplay ist nicht nur im Sport wichtig – viel wichtiger wäre Fairness in der Gesellschaft, in der Politik... doch leider wird Fairness in den Sport ausgelagert”, erklärt Lainer. Doch was versteht der begeisterte Kabarettist überhaupt unter Fairness? Wertschätzung des Anderen. Die Meinung anderer gelten lassen – sowohl links als auch rechts. Und noch mehr Gedanken kommen: „Das braucht es auch in der Kirche – die Mannschaft erzielt ja auch keinen Erfolg ohne linken und rechten Flügelstürmer…”
Der gelernte Tischler verdeutlicht: „Im Sport setzen wir auf Integration, auf 'No racism' – und in der Gesellschaft nicht! Da schaut die Welt ganz anders aus, auch in den sozialen Medien...” Und er hat ein Beispiel aus einem anderen Kontext parat, nämlich den Gewinn des Eurovision Song Contests durch Conchita Wurst: „Plötzlich stand Österreich als das tolerante Land da – und was ist jetzt?”
Voll dabei sein - von der Fangemeinschaft zur Leidensgemeinschaft!
Große Parallelen sieht der ehemalige Pastoralassistent in der Betriebsseelsorge der Voest zwischen Sport und Religion: „Sport reißt Dich wie eine Religion aus dem Alltag heraus. Er gibt Dir was. Glaube, Liebe, Hoffnung.” – Und schon sprudelt es aus ihm heraus: „Du glaubst an den Verein, Du liebst den Verein und Du hoffst, dass der Verein gewinnt und weiterkommt. Und wie in den Religionen gibt’s auch im Sport Vorbilder und Idole: Du willst so leben wie sie, Dich anziehen wie sie oder sogar denselben Haarschnitt haben...”
Heraus aus dem Alltag. Sich befreien. Gestärkt zurückkommen. Auch hier sieht Lainer Ähnlichkeiten, wenn er auch zu bedenken gibt, dass dies auch ins Negative umschlagen kann – und zwar dann, wenn jemand so fanatisch ist, dass er den Blick für die Realität verliert. Einen Umstand, den Lainer nicht nachvollziehen kann.
Aber: Mitfühlen. Mitfiebern. Mitleben. Dieses „Volldabeisein” kennt Günther Lainer selbst zu gut, ist der fußballbegeisterte Kabarettist doch leidenschaftlicher Anhänger des LASK. Und schuld daran ist sein Vater. Dieser nahm den kleinen Günther mit in das Stadion zu einem Bundesligamatch zwischen Salzburg und Linz und wollte ihm eine richtig gute Mannschaft zeigen. Das Problem: Der Vater meinte Salzburg, der Sohn jedoch Linz. Und seither ist Lainer LASK-Fan, wenn er auch gesteht: „Die Fangemeinschaft hat sich inzwischen aber zu einer Leidensgemeinschaft entwickelt...”
Warum Fans es manchmal einfach besser wissen...
Karl Daxbacher, dem früheren Trainer des LASK, trauert Lainer als Fan bis heute nach – und er verrät: „Die Entscheidung des Vereins verstehe ich nicht, wobei man als Fan viele Entscheidungen nicht versteht.” Für den LASK-Anhänger ist ein Grund die Ungeduld, das Nicht-Dranbleiben – und das nicht nur bezogen auf den Sport, sondern auch auf die Gesellschaft: „Es muss alles schneller gehen, es müssen ständig Veränderungen her – und zwar nicht langfristig gedacht, sondern nur kurzfristig bedacht.”
Und wenn Lainer an die Spiele bei der Euro 2016 denkt, fallen ihm auch die acht Millionen österreichischen Teamchefs vor den Fernsehern und im Stadion ein: „Trainer wie Marcel Koller wissen viel mehr als wir, weil wir nicht mit den Spielern reden, nicht wissen, was in den einzelnen vorgeht… aber wir Fans wissen es halt immer besser! Wir reden dann wieder von Fehlentscheidungen in der Aufstellung, in der Strategie.” Und Lainer denkt gleich weiter: „Die Transparenz fehlt im Sport – wie auch in der Politik und in der Gesellschaft! Und das Drumherum – das ist ein wichtiger Faktor...”, denn das weiß Günther Lainer von seinen eigenen Spielen und natürlich auch von den schon legendären „Was gibt es Neues?”-Sendungen.
Äußere Glaubenszeichen – und Sport als Ersatzreligion!
Fußballer, die sich bekreuzigen oder bei Erfolg oder Misserfolg gen Himmel blicken. Katholiken, die jeden Sonntag in die Kirche gehen. Für Günther Lainer sind dies äußere Zeichen, die vermitteln: „Glaube heißt, dass man nicht alles selbst machen kann, sondern dass es auch etwas von außen gibt...”.
Der Glaube begleitet Günther Lainer schon viele Jahre – lange war er Ministrant in der Linzer Dompfarre. Während er am Sonntag in der Kirche ministrierte, schliefen seine Cousins aus, weil sie am Vortag beim Training oder einem Spiel ihre Leistung abrufen mussten. Heute glaubt Lainer: „Für sie war das ihre Kirche, ihre Religion...” – Verstanden haben sich die beiden dennoch gut, der Sonntag hatte eben eine andere Gewichtung, so Lainer.
Dran bleiben – im Sport und im TV!
Dran bleiben. Das ist für Günther Lainer wichtig. Ob beim Jonglieren, das er täglich zwei Stunden geübt hat, oder beim Fußballspielen, wenn er ein geniales Tor geschossen hat. Oder eben auch bei „Was gibt es Neues?” am Freitag Abend, wo neben den Fragen auch die eigene Verfassung und die Teamkonstellation passen muss: „Wir sind wie beim Sport eine Mannschaft! Und wenn man sich da gegenseitig aufschaukelt, dann geht ein Ruck durch die Mannschaft und man spürt, dass man die Leistung auf den Platz bringt!” Oder eben ins Studio.
Fotorechte:
Bild 1: © Volker Weihbold.
Bild 2: © Volker Weihbold.
Bild 3: © ORF, Milenko Badzic (https://www.facebook.com/wasgibtesneues/)
(sks/sp)