Derzeit erleben wir einen starken Rechtsruck, innerhalb der EU Mitgliedstaaten wie auch global. Die Normalisierung betrifft einerseits die Übernahme rechtsextremer Inhalte, ideologischer Versatzstücke und Argumentationen wie auch undemokratischer Praktiken durch die Mainstream Parteien. Andrerseits sind rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien (far-right) im Mainstream angekommen, stellen in manchen Ländern die Regierung oder sind Teil einer Koalition. Um mit dem Deutschen Kulturwissenschaftler Jürgen Link zu sprechen, die ‚Normalitätsgrenzen‘ haben sich verschoben, ‚Anormales‘ ist ‚normal‘ geworden, schon rein statistisch gesehen.
Es findet also eine signifikante Diskursverschiebung statt, die ein Verhalten betrifft, das ich als „schamlose Normalisierung“ bezeichne: Viele bestehenden Konventionen wurden und werden in der politischen Auseinandersetzung immer häufiger über Bord geworfen. Dazu zählen sexistische, antisemitische und anti-muslimische wie auch homophobe Äußerungen, die Angriffe auf Politikerinnen und Journalistinnen, die vielen lancierten Lügen und Unwahrheiten, sowohl über traditionelle Medien wieauch online und über Social Media: ‚Anything goes‘. Fakten werden zu Meinungen degradiert. Man bewegt sich in verschiedenen, voneinander völlig abgegrenzten Diskurswelten, in denen signifikant unterschiedliche Normen und Regeln gelten. Aufgrund der social media kann jede und jeder mit allen kommunizieren, die Medien werden in den Hintergrund gedrängt, seriöser Journalismus ist gefährdet. In meinem Vortrag werde ich dazu aus unseren rezenten Projektforschungen Beispiele geben. Natürlich stellt sich dann die Frage nach Gegendiskursen.
Ruth Wodak ist emeritierte distinguished Professor für Diskursforschung an der Lancaster University (UK) und für Angewandte Linguistik an der Universität Wien. Sie hat 1974 an eben dieser promoviert und 1980 habilitiert. Sie ist Trägerin des Wittgenstein Preises für Elitewissenschaftler (1996), des Großen Silbernen Ehrenkreuz für Verdienste um die Republik Österreich (2011); 2010 erhielt sie ein Ehrendoktorat der Universität Örebro (Schweden). 2018 wurde sie mit dem Lebenswerk Preis des Frauenministeriums ausgezeichnet. Zahlreiche Gastprofessuren (z.B., in den USA, Schweden, UK, Malaysien). 2017 hatte sie den Willi Brandt Chair (Malmö) inne; 2019 war sie senior fellow am IWM. Sie ist Mitglied der Academia Europaea und der British Academy of Social Sciences. Ihre Forschungstätigkeiten umfassen kritische Diskursforschung, Sprache und Politik (Populismus Forschung), Identitäts- und Vergangenheitspolitik, Gender Studies, Migrationsforschung, und linguistische Vorurteilsforschung zu Rassismus sowie Antisemitismus.
Ort: Bildungshaus Schloss Puchberg
Kursbeitrag: EUR 15;
Ermäßigter Beitrag für Mitglieder der KMB: EUR 10 (Mitgliedsausweis vorweisen)
Anmeldung: Online / Abendkasse im Bildungshaus