Fronleichnam - ein Fest der Lebensfreude
Das Fronleichnamsfest mit all seinen schönen Bräuchen und Traditionen und auch mit seiner ganzen Sinnlichkeit ist ein Fest der Lebensfreude. Es erinnert uns daran,
- welcher Segen im Schenken und Teilen liegt
- was für ein Zugewinn an Leben es ist, wenn wir uns immer wieder und immer neu wandeln und verwandeln lassen
- und wie sehr wir uns selber und auch unsere Mitmenschen bereichern, wenn wir Dankbarkeit spüren und zeigen können.
Diese drei menschlichen Haltungen möchte ich in der Folge noch näher betrachten: sie sind in der Feier der Eucharistie und in der Verehrung des eucharistischen Brotes ganz wesentlich grundgelegt.
Die Fähigkeit und die Bereitschaft zu teilen, sich mitzuteilen.
Jesus identifiziert sich mit einem gewöhnlichen Brot und nicht mit Symbolen, die für Stärke, Einfluss und Sichdurchsetzen stehen! Er identifiziert sich mit einem Lebensmittel, dessen Nutzen darin liegt, geteilt zu werden, Nahrung zu sein.
Im Brot zeigt sich daher das Leben und die Botschaft Jesu wieder: „einander Nahrung sein“.
Und dieses Brot macht uns auf etwas aufmerksam, was ein großes Geheimnis unseres Lebens ist: Leben entsteht immer aus dem Miteinander-Teilen. Das Teilen, das Mitteilen und miteinander Teilen, ist ein Geheimnis des Lebens. Dadurch wächst etwas. Dadurch wächst vor allem Beziehung. Wenn wir das austeilen, was wir von Gott geschenkt bekommen, ereignet sich etwas Wunderbares, da werden alle gestärkt und satt. Das sagt uns die biblische Geschichte von der wunderbaren Brotvermehrung.
Es stecken also große Lebenschancen im Teilen, im Schenken, im Sich-Verschenken. Man braucht und soll sich dabei nicht selber aufgeben oder verlieren. Aber es stellt sich im Teilen sehr oft eine ganz wertvolle Erfahrung ein, nämlich: wenn wir bereit sind zu teilen und etwas von uns herzugeben, dann werden wir dabei meistens auch selber reich beschenkt, ja bisweilen kommt sogar mehr zurück, als wir geben konnten.
Die Fähigkeit und Bereitschaft, sich zu wandeln, sich verwandeln zu lassen.
Im verwandelten, eucharistischen Brot - das wir besonders auch heute anbeten und verehren - wird uns etwas vor Augen gestellt: dass nämlich dieses heilige Brot auch für die Bereitschaft und Fähigkeit steht, sich zu wandeln.
Eine der schwierigsten menschlichen Haltungen, die aber eine starke Persönlichkeit ausmacht, ist, dass man in seinem Leben immer wieder das Geschenk einer Wandlung, einer existentiellen Veränderung zulässt. Wer bereit ist, eine Wandlung des eigenen Lebens zuzulassen - in kleinen Schritten und ein Leben lang -, der oder die strahlt auch etwas aus, kann auch seine/ihre Umgebung verwandeln, heißt konkret: offener, weiter, gerechter, barmherziger, versöhnlicher zu werden. Wandlung mutet uns zu, mehr Mensch zu werden - selbst und für andere.
„Sich verwandeln lassen“ - das ist ein Passivwort, da geschieht etwas an mir oder in mir. Damit ist auch ausgedrückt, dass das alles nicht nur aus eigenem Tun und eigener Kraft geschieht oder geschehen kann - wir stoßen ja allzu oft auch an unsere Grenzen -, sondern dass auch das Wirken Gottes mit im Spiel ist.
Sich verändern, sich wandeln heißt aber auch, dass ich mich von etwas verabschieden können muss, dass etwas absterben muss, damit wieder etwas Neues werden kann. Die Chance der Wandlung liegt darin, dass wir das Geheimnis des Sterbens und des Todes verstehen und Akzeptieren lernen. Nur so kann neues, verändertes, verwandeltes Leben entstehen. Im Verehren des eucharistischen Brotes und im Feiern der Eucharistie lassen wir uns in dieses Geschehen der Wandlung mit hineinnehmen.
Die Fähigkeit und die Bereitschaft, zu danken: Dankbarkeit spüren und Dankbarkeit zeigen.
Wenn wir erkennen, dass wir so vieles im Leben nicht selber tun und machen können und dass wir die eigentlich entscheidenden Dinge des Lebens geschenkt bekommen, dann führt uns das zum Danken. Wir können unser Leben als Geschenk erfahren und deuten. Und vielleicht können wir dabei auch erkennen, dass es etwas gibt, was über uns selber und über diese Welt hinausweist. Das Wort „Eucharistie“ heißt ja nichts Anderes als „Danksagung“.
Ganz eng zusammen mit dem Danken hängt dann auch das Erinnern. Sich erinnern daran, dass ich nicht allein bin und es nicht alles an mir liegt, sondern dass andere Menschen mit mir gehen, denen ich vieles verdanke, und dass Jesus, Gott mitgeht - gerade auch in meinen Mitmenschen.
Wolfgang Bögl, Theologischer Assistent der KMB Linz