Musik als Begleiterin durch den Alltag
Leider kann ich nicht Orgel spielen, aber vielleicht werde ich es eines Tages noch lernen. Orgelmusik, Kirchenmusik ist für mich etwas sehr Wichtiges.
Hier im Dom gibt es drei Orgeln. Die größte ist die Rudigierorgel. Sie sollte eigentlich nicht so groß gebaut werden, aus akustischen Gründen war dies jedoch erforderlich. Der Anlass ihrer Errichtung war das 100jährige Jubiläum der Grundsteinlegung, daher der Name „Rudigierorgel“. Sie wurde am 7. Dezember 1968 geweiht, gerade mal zwei Tage nach meiner Geburt. Man könnte sagen, wir haben fast gleichzeitig das Licht der Welt erblickt. Sie hat 70 Register, 5890 Pfeifen und gehört damit zu den größten Orgeln der Welt.
Eine ältere Orgel befindet sich auf der linken Empore, sie wurde 1887 erbaut, hat drei Manuale und 50 Register. Sie ist heute nicht mehr in Gebrauch.
Die jüngste Orgel ist die neue Chororgel mit 26 Registern, sie wurde 1989 errichtet.
Die große mächtige Rudigierorgel ist die Orgel für große Feste und Konzerte, diese hier ist die Orgel für den Alltag. Sie tut Sonntag für Sonntag ihren Dienst, das ganze Jahr über.
Diese kleine Orgel hat es mir angetan. Sie begleitet durch den Alltag. Sie begleitet durch schwere Zeiten, aber auch durch frohe, glückliche. Sie begleitet Menschen durchs Leben. Sie wird gespielt bei Hochzeiten und Begräbnissen. Ihr Klang hat schon unzählige Menschen zutiefst berührt.
Musik lässt eine andere Dimension erahnen. Sie findet dort einen Ausdruck, wo Worte zu schwach oder fehl am Platz sind.
Ein Talent, das mir in die Wiege gelegt wurde, ist das Singen. Singen ist meine Art der Verkündigung. Beim Singen gebe ich etwas von mir - ich gebe etwas von meinem Innersten, ich gebe etwas von meinem persönlichen Glauben, der sich in den 50 Jahren meines Lebens entwickelt hat, der unzählige Phasen durchgemacht hat. Da gab es Phasen des kindlichen Glaubens, Phasen des starken Glaubens, aber auch Phasen des Zweifelns, Phasen, in denen mir Gott fremd war, in denen mir der Glaube abhandengekommen war.
Wenn ich heute auf meine 50 Lebensjahre zurückschaue, kann ich sagen, dass sich so etwas wie ein roter Faden durchzieht, ich spüre, dass ich durch alle Phasen hindurch immer von jemandem begleitet wurde, der es gut mit mir gemeint hat.
Auch das Gebet hat sich in meinem Leben entwickelt: vom Bittgebet, dem Rosenkranzgebet über das Dankgebet bis hin zum wortlosen Gebet
Heute bin ich mir gewiss: Gott weiß, was ich brauche, er kennt mich besser, als ich mich selbst kenne. Ich brauche ihm nichts zu sagen. Es genügt, dass ich da bin, in mich hineinspüre und das Göttliche in mir wirken und wachsen lasse. Mich in eine Kirche setzen und der Musik lauschen ist für mich zurzeit die wichtigste Form des Gebetes.
Wenn ich als Kantorin das Halleluja anstimmen darf, dann verkündige ich die frohe Botschaft - die größte Botschaft - dass Jesus von den Toten auferstanden ist. So wie damals, nach der Auferstehung, Frauen die ersten Botinnen waren, so bin ich es heute. Der Gesang des Halleluja ist nicht nur Teil einer schönen Gottesdienstgestaltung – nein, es ist die Verkündigung der christlichen Botschaft schlechthin, der Kern unseres Glaubens.
Welches Talent wurde dir in die Wiege gelegt? Worin bist du gut?
Jede und jeder von uns ist gefragt mit dem, was wir gut können. Jede und jeder von uns kann durch ihre und seine Talente die frohe Botschaft verkündigen.