"Es geht um die Vielfalt der Kanäle ..."
V.l.: Sarah Wagner, Past. Mitarbeiterin im Pastoralen Einführungsjahr, Pastoralassistent Wolfgang Roth und Pfarrleiterin Irmgard Sternbauer © Pfarre Freistadt
Ihr ward eine der ersten Pfarren der Diözese Linz, die in der Corona-Krise begonnen hat, Videos zu streamen. Wie kam es dazu?
Irmgard Sternbauer: Am Anfang war die Idee da, kurze Videobotschaften zu machen und auf dieser Ebene (mit den Leuten, Anm.) in Kontakt zu treten. Am Beginn des Shutdowns war das zunächst ein Einminuten-Impuls. Dann haben wir gesagt, wir machen weiter.
Sarah Wagner: Ja genau. Die Idee, Gottesdienste zu übertragen, war relativ schnell klar. Das haben wir dann auch gleich am ersten Wochenende umgesetzt – zuerst mit Tablet. Zusätzlich ist dann immer mehr Equipment dazugekommen. (…)
Irmgard Sternbauer: Angefangen haben wir mit einen kurzen Video aus der Kirche mit der Botschaft, dass wir (auch in Corona-Zeiten, Anm.) da sind. Damit haben wir auch den YouTube-Kanal gestartet.
Das heißt, das ist nach und nach entstanden?
Irmgard Sternbauer: Genau. Den Facebook-Account und die Pfarrwebseite haben wir aber schon etliche Jahre.
Ihr habt ein breites Onlineangebot – darunter Videos, WhatsApp-Gruppen und sogar einen QR-Code. Welche Alternativen bietet ihr für Leute an, die nicht online unterwegs sind?
Irmgard Sternbauer: Manche Sachen hängen im Schaukasten, mit vielen Leuten telefonieren wir immer wieder. Viele ältere Menschen haben schon eine E-Mailadresse, an die wir auf diesem Weg Nachrichten schicken können. Und die Pfarrzeitung wird ausgetragen. (…)
Wolfgang Roth: Wir haben auch eine gute Kooperation mit lokalen Printmedien. In der "Rundschau" haben wir die Möglichkeit bekommen, die Sonntagsgedanken zum Evangelium abzudrucken. Aber auch darüber hinaus machen Irmgard und ich die Kolumne „Alle heiligen Zeiten“, wo wir religiöse Gedanken, die im Jahreskreis eine Bedeutung haben, basal herunterbrechen. Da haben wir den Eindruck, dass wir da über die eigene Zielgruppe weit hinauskommen und Leute erreichen, die keinen Onlinezugang haben. Wenn aber jemand der totale Verweigerer ist, dann tut man sich schwer, den zu erreichen – so wie man auch unter normalen Bedingungen (abseits von Corona, Anm.) viele Leute nicht erreichen kann. Es geht um die Vielfalt der Kanäle. Man darf sich das Ziel nicht zu hoch setzen. Alle zu erreichen, das ist illusorisch.
Von Livestreams, Pfarrnews und Videoimpulsen über Online-Ministunden und WhatsApp-Gruppen bis hin zu regelmäßigen Facebook- und Instagram-Postings reicht das Onlineangebot in der Pfarre Freistadt. © Pfarre Freistadt
Eine Verbindung aufbauen: "ON Line sein mit den Menschen, aber auch ON Line sein mit dem umfassenderen Ganzen."
Euer Internetangebot steht unter dem Motto „ON Line“. Warum dieser Name?
Wolfgang Roth: Ich verbinde mit dem Motto „ON Line“ „in Verbindung sein“ aus der Computerwelt. Verbunden sind wir aber auch als Menschen miteinander und gleichzeitig mit einem umfassenderen Ganzen – einem umfassenderen Größeren. Das Internet wäre da – theologisch oder religiös ausgedrückt – Gott. Diese zwei Ebenen: ON Line sein mit den Menschen, aber auch ON Line sein mit dem umfassenderen Ganzen. (…) Und dieser Begriff ist einfach bekannt. Mit dem kann jeder was anfangen.
Wie viel Aufwand steckt dahinter, die Videodrehs zu organisieren?
Irmgard Sternbauer: Wir haben das (die Organisation und Produktion, Anm.) relativ kompakt gehalten, Ideen waren relativ schnell abgesprochen. (…) Einer hat das Drehbuch im Kopf. Meist braucht es zwei, drei Durchläufe, Sarah oder Wolfgang schneiden das Video dann. Es ist schon mit Zeitaufwand verbunden – aber überschaubar, finde ich.
Sarah Wagner: Es kommt immer darauf an, wie viel Videomaterial es ist. (…) Wir schneiden über "Movie Maker". Dann muss man schauen: Wo krieg ich einen Jingle her, der frei zugänglich ist und den man verwenden kann. Meistens geht sich Filmen, Schneiden und online stellen aber an einem Tag aus.
Irmgard Sternbauer: Aufwändig war das Kreuzweg-Video …
Sarah Wagner: Ja, da war die Idee dahinter, dass wir die einzelnen Stationen filmen. Mit dem Scheiden (des Videos, Anm.) dauerte das dann doch ein paar Tage (schmunzelt).
Wie viele Leute sind an der Produktion beteiligt?
Irmgard Sternbauer: Hauptsächlich wir drei. Manchmal noch die Altenheimseelsorgerin und der Kaplan. Um mit den Menschen aber nicht zu viel (persönlichen, Anm.) Kontakt zu haben in dieser Zeit, haben wir das sehr beschränkt gehalten.
Wie sieht es hinter den Kulissen aus?
Irmgard Sternbauer: Nehmen wir als Beispiel die „Pfarrnews“ her: Da hatte Wolfi die Idee und bereits eine Szenerie im Kopf. Es sollte wie ein Nachrichtenstudio ausschauen. Wir haben von der Kirche, Tablet, Mikrofon und Licht geholt. Ich habe den Schreibtisch abgeräumt, wir haben zehn Minuten überlegt, wer sagt was und dann haben wir einfach angefangen. (…) Die Kirche war das „Außenstudio“. Videos entstehen aber miteinander, indem man sich gegenseitig sagt: Machen wir’s doch so – das könnte witzig sein.
Mit Konzept, aber doch spontan: Viele Ideen entstehen beim Videodreh selbst. © Pfarre Freistadt
"Es ist uns wichtig, dass die Videos einen charmanten Unterton haben, damit man sie gut annehmen kann."
Wolfgang Roth: Apropos witzig: Es ist uns allen sehr wichtig, dass sämtliche Videos einen charmanten Unterton haben (…), damit man sie gut annehmen kann und dass man sich vielleicht selber ein bisschen aufs Korn nimmt. Vieles entsteht beim Tun. (…) Es ist nicht alles von Anfang an gescripted, sondern es sind Ideen, die plötzlich kommen. So entsteht der Witz in den Videos, weil Räume offen sind für Spontanität.
Irmgard Sternbauer: (…) Und wir in der Kirche sind gefährdet, ausführlich zu reden. Ich habe gelernt, manches wegzulassen, weil manche Informationen gar nicht so wichtig sind. (...)
Ihr bietet auch Online-Ministunden an …
Sarah Wagner: Ja, bis jetzt hatten wir vier Onlinegruppenstunden. (…) Wir waren immer zehn bis 14 Leute. Wir entscheiden gemeinsam (mit den Kindern, Anm.), was wir machen. Wir haben zum Beispiel Bingo, Das Ding in meinem Kopf, Wer bin ich? oder Stadt – Land – Fluss gespielt Auch Activity und Rätsel sind gut angekommen. Meistens haben wir das Ganze eineinhalb bis maximal zwei Stunden gemacht, so wie wir es sonst auch haben. (...)
Wie kommt euer Angebot bei den Leuten an?
Irmgard Sternbauer: Die Rückmeldungen sind zu einem Großteil wirklich positiv. Die Leute sagen: „Ihr seid nicht in der Versenkung verschwunden“. Sie freuen sich, dass sie Leute aus der Pfarre sehen und sich bei Gottesdienstübertragungen mit dem Raum (der Kirche, Anm.) verbunden fühlen können. Ganz gut waren die ersten Botschaften „Am Ende wird alles gut“ und „Wir sind da“. Da haben wir viel Feedback bekommen.
Was ist in nächster Zeit geplant, wie geht’s weiter? Jetzt sind ja Gottesdienste wieder erlaubt …
Irmgard Sternbauer: Wir möchten schon weitermachen – in welchem Ausmaß wissen wir noch nicht. Wir schauen mal, was die nächsten Erleichterungen bringen. (…)
Wolfgang Roth: Wir werden sicher weitermachen, aber in reduzierter Form. (…) Es ist der Spagat zwischen dem Analogen und dem Digitalen zu schaffen. (…) Wenn wir dann wieder normal unterwegs sind, kann man sich überlegen, in welchem Abstand man das anbietet. Wir haben festgestellt: Das, was wir uns jetzt erarbeitet haben, möchten wir in irgendeiner Form beibehalten.
Irmgard Sternbauer: Genau.
Wolfgang Roth: Weil es (die Onlinewelt, Anm.) doch ein großer Bereich ist und die Menschen dort auch unterwegs sind. Da ist es gescheit, wenn man dorthin geht. (…) Manchmal wird das so gegeneinander ausgespielt, wo es dann heißt: „Mit dem Internet ist alles so anonym und es geht ja um einen konkreten Menschen“. (...) Es braucht beides. Das eine kann das andere nicht ersetzen und sollte nicht gegeneinander ausgespielt werden. Es ist gut, wenn man sich um den konkreten Menschen annimmt und für den konkreten Menschen da ist. Gleichzeitig ist es gut, wenn man auch in der virtuellen Welt da ist.
Irmgard Sternbauer: Denn auch da sind die konkreten Menschen dahinter.
Dipl. PAss. Irmgard Sternbauer (Pfarrassistentin), Mag. Wolfgang Roth (Pastoralassistent) und Mag.a Sarah Wagner (Pastorales Einführungsjahr) haben in der Pfarre Freistadt das Onlineangebot "ON Line" ins Leben gerufen. Dieses umfasst Angebote auf der Pfarrwebseite, auf Facebook, Instagram, WhatsApp und YouTube. Durch möglichst viele Kanäle – auch im Printbereich – will man möglichst alle Zielgruppen der fast 6000 KatholikInnen in der Pfarre Freistadt erreichen.
Das Interview führte Ursula Waselmayr und fand aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen im Rahmen einer Onlinekonferenz statt. (uw - Mai 2020)