Donnerstag 25. April 2024

Gedanken für den Tag

30. November 2020

Predigtgedanken von P. Wolfgang am 1. Adventsonntag

Mit dem heutigen 1. Adventsonntag beginnen wir ein neues Kirchenjahr. Wir hören in diesen Tagen, in denen sich viele Berufstätige im sog. Homeoffice und Schülerinnen und Schüler im Modus des „distance learnings“ befinden, von verschiedenen Seiten, wie wichtig es ist, dem Tag eine gute Struktur zu geben. Sie hilft, den Tag in schwierigen Zeiten zu bewältigen und die anfallenden Aufgaben gut zu erledigen.

Das Kirchenjahr möchte unserem Leben auch eine Struktur geben. Der Sonntag unterbricht die Arbeitswoche und lädt uns nicht nur zur Mitfeier des Gottesdienstes, sondern Woche für Woche zum Durchatmen ein. Im Laufe des Kirchenjahres feiern wir die großen Festkreise von Weihnachten und Ostern mit ihren Vorbereitungszeiten Advent und Fastenzeit sowie zahlreiche andere Feste. Sie alle laden ein, uns mit den grundlegenden Fragen unseres Lebens auseinanderzusetzen: Woher kommen wir, auf welches Ziel gehen wir zu, was ist der Inhalt, der Sinn meines Lebens?

Heuer wird die Advent- und Weihnachtszeit – so wie schon das Osterfest im Frühjahr – anders gefeiert werden als wir es in der Vergangenheit gewohnt waren. Die stimmungsvollen Gottesdienste in der Kirche – ich denke u.a. an die Roratefeiern – werden wahrscheinlich nicht möglich sein. Umso mehr lade ich ein, im Familienkreis in häuslichen Feiern die kommenden Tage zu begehen. Zur Segnung der Adventkränze Zuhause haben wir eingeladen und Hilfen seitens der Pfarren zur Verfügung gestellt. Lassen Sie in den kommenden Tagen das Licht des Adventkranzes, das uns an das Licht Christi erinnert, in den Häusern und Wohnungen leuchten und sich davon innerlich berühren.

Das Evangelium des heutigen Sonntags spricht von der Wachsamkeit. Zum einen ermahnt Jesus seine Zuhörer, wachsam und bereit zu sein für sein Kommen. Damit ist neben seinem ersten Kommen in Bethlehem auch das Kommen am Ende des Lebens und der Welt gemeint. Es hat Menschen immer wieder gereizt, über das Ende der Welt zu spekulieren. Das ist nicht unsere Aufgabe, denn: Wir wissen weder den Tag noch die Stunde. Unsere Aufgabe ist es, so zu leben, dass uns das Kommen des Herrn nicht überrascht. Wir alle wissen, wie schnell sich von einem Augenblick zum anderen vieles verändern kann. Wir verdrängen die Fragen, die mit unserem Ende zusammenhängen, allzu oft und gerne. Und doch ist es gut und heilsam, sich auch diesen Fragen zu stellen. Die Adventzeit wäre eine Gelegenheit, sich damit auseinanderzusetzen und vielleicht auch manche Dinge, die damit zusammenhängen, zu klären und zu bereinigen.

Wachen hat besonders mit unseren Sinnesorganen zu tun. Augen und Ohren müssen offen bleiben und geschult sein, um eine gute Sensibilität für die Umgebung zu entwickeln. Vielleicht können wir in dieser Adventzeit so etwas wie eine erhöhte Sensibilität für unser Umfeld entwickeln: Wenn ich auf meinen Terminkalender schaue, dann ist er für eine Adventzeit ungewöhnlich leer. Ich denke, dass es vielen so ergeht. Ich sehe das nicht nur negativ. Ich gehe davon aus, dass ich in den Adventtagen Zeit haben werde, die besinnlichen Gedanken eines Adventkalenders in Ruhe zu lesen und auf mich wirken zu lassen. Meine Gebete im Schein einer Kerze werden ohne Blick auf die Uhr einen guten Rahmen finden. Ich werde Zeit finden, größere Abschnitte der Bibel zu lesen und mich mit den Gedanken und Anliegen Jesu auseinanderzusetzen. Einige Bücher können in Ruhe gelesen und evt. weiter empfohlen werden. Die Weihnachtspost erledige ich hoffentlich schon früher als in den letzten Jahren und sie enthalten einige persönliche Gedanken und Zeilen. Vielleicht rufe ich jemanden an, von dem ich schon länger nichts gehört habe. Evt. kann ein Telefonat auch einmal länger dauern, weil ich keinen Termindruck habe. Es bleibt Zeit, bei passendem Wetter die nähere Umgebung gehend kennenzulernen. Obwohl die Natur derzeit wie abgestorben zu sein scheint, gibt es Vieles zu entdecken. Erst kürzlich habe ich entlang des Bienenwegs in Zwettl die lange, mit schön bemalten Steinen gestaltete Steinschlange entdeckt. Danke allen, die diese Idee hatten und mitgestaltet haben! In der herbstlichen Ruhe ist mir auch die Sprache des Distelbaches in Form eines besonderen Rauschens und Gurgelns erstmals so richtig aufgefallen. Vielleicht denke ich nach Gesprächen – soweit sie in Zeiten wie diesen möglich sind – darüber nach, was die/der Andere mir zwischen den Zeilen sagen wollte. Vielleicht sollte ich genau(er) hinhören und noch einmal nachfragen. Wachsam zu sein, ist und bleibt ein weites Feld.

Es ist unbestritten, dass wir schwierige Zeiten zu bewältigen haben, die uns fordern und vielen auch auf die Nerven gehen. Aber wir sollten die Möglichkeiten nützen, die sich uns trotz allem auftun. Es wird sicher ein anderer Advent, aber vielleicht sehen und hören wir dadurch auch manches anders in unserem Leben. Vielleicht werden wir in manchen Bereichen auch wachsamer und achtsamer.

Pfarre Zwettl an der Rodl
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