Donnerstag 25. April 2024

Gedanken zum 4. Sonntag der Osterzeit

Ein Impuls von Michael Mitter

Liturgische Texte zum 4. Sonntag der Osterzeit

 

1. Lesung: Apg 2,14a.36-41
2. Lesung: 1Petr 2,20b-25
Evangelium:
Joh 10,1-10 („Ich bin die Tür zu den Schafen“)
nachzulesen: hier (Schott online)


Liebe Pfarrgemeinde, liebe Leserin, lieber Leser,

 

es ist eines der ältesten Gewerbe der Welt: das des Hirten. In der Bibel trifft man häufig auf ihn; er ist ein wichtiger Alltagsberuf von Männern und Frauen. Er ist derjenige, der sich um seine Herde kümmert. So haben die wandernden Nomadenstämme in der Frühzeit Israels ihren Gott auch als einen Führer und Hirten erfahren, der ihnen das Lebensnotwendige zukommen lässt. Aber es gibt auch die anderen Hirten in der Bibel: die Hirten, die streiten, die Gewalt ausüben; die Hirten, die zerstreuen und nur sich selbst weiden. Die gesamte Bibel hindurch treffen wir auf Hirtenbilder: angefangen bei Mose, dem Hirten des Volkes Israel, über die Hirten auf dem Feld, die zuerst von der Geburt des Heilands erfahren, bis hin zum Bild des guten Hirten im heutigen Sonntagsevangelium.

Früher war der Beruf des Hirten allgegenwärtig, heute ist er fast verschwunden: mit etwas Glück kann man beim Wandern auf den Almen da und dort noch auf einen Schafhirten treffen. Die Älteren unter uns werden in ihren Jugendjahren vielleicht noch Kühe und anderes Vieh auf der Wiese gehirtet haben, in unserem Alltag findet man sie jedoch nicht mehr.

Auch wenn der Beruf des Hirten nicht mehr zum Alltag gehört, haben wir doch ein eindeutiges Bild davon, was einen „guten Hirten“ ausmacht. Vielleicht ist das auch ein Verdienst der Kirche. Kinder, die noch nie einen Hirten gesehen haben, wissen: Umsichtig und friedfertig sollte er sein, er sollte für die ihm anvertrauten Tiere sorgen und sie beschützen. Er gibt darauf acht, dass die Herde vollständig und gesund bleibt. Auf eindrucksvolle Art und Weise beschreiben die bekannten Zeilen aus dem Psalm 23 Gott als Hirten: „Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen. Er lässt mich lagern auf grünen Auen und führt mich zum Ruheplatz am Wasser. Er stillt mein Verlangen; er leitet mich auf rechten Pfaden, treu seinem Namen. Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht, ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir, dein Stock und dein Stab geben mir Zuversicht“ (Ps 23,1-4).

Warum beschäftigen wir uns in Religionsunterricht und Gottesdienst immer noch mit diesem längst ausgestorbenen Beruf? Warum hat dieses Bild vom guten Hirten nichts von seiner Aktualität verloren? Warum gibt es in unserer Kirche nach wie vor unzählige Anspielungen auf den Beruf des Schäfers: beim Hirtenstab von Bischof und Abt – dem Pastorale – angefangen, bis hin zu den Krägen, die ich bei meinen Gottesdiensten trage? – Sie erinnern wie das Pallium des Papstes an ein „Schaf im Nacken“. Pastoren – also Hirten – heißen die Pfarrer im Norden Deutschlands und Pastoraltheologie heißt die Disziplin, die sich mit der Rolle der Seelsorger auseinandersetzt. Warum also? – Eine Antwort wäre: Unsere Seelsorger sollen gute Hirten sein. Und Jesus zeigt uns, wie so ein guter Hirte aussieht!

Und wir dürfen auch nicht vergessen: Hirten gibt es immer noch, sie sehen nur etwas anders aus und sind nicht mehr so leicht also solche zu erkennen – in Wirtschaft und Kultur, in Politik und Gesellschaft. Es sind Menschen, die unsere Nachfolge einfordern. Und es scheint fast so, als würden wir uns nach diesen Hirten sehnen: um uns zu orientieren und zu wissen, was gerade „in“ ist und was man haben muss. Ob im Einzelfall „Hirt der Schafe“ (Joh 10,2) oder doch mehr „Dieb und Räuber“ (Joh 10,1) – das Urteil überlasse ich ganz Ihnen.

Erstaunlich ist, dass eine moderne Form von „Hirte“ ganz oben auf der Liste der Berufswünsche von Jugendlichen steht: In vielen Ländern führen „Influencer“ – zu Deutsch: „Beeinflusser“ – die Tabellen an: die aktuell erfolgreichsten Influencer Österreichs versammeln bis zu zwei Millionen „Schafe“ – Follower genannt – hinter sich und vermarkten oft durch die Hintertür (Joh 10,1) einen Lebensstil samt den dazugehörigen Produkten. Wenn ich dem Stand der Influencer damit unrecht tue, dann sei es mir bitte verziehen! – Ich bin bereits ein zu altes Schaf für Influencer. Aber umso besser:

Denn wie ein guter Hirte seine Herde führt, zeigt uns Jesus: Ihm geht es nicht um sich selbst, um Ruhm und Wohlstand. Im Gegenteil: Er kommt in die Welt, um einer von uns zu sein. Weil er uns kennt, ruft er uns beim Namen (Joh 10,3), mit Liebe weidet er uns Menschen und gibt letztlich sein Leben für uns, damit wir leben.

An ihm als gutem Hirten sollen sich unsere modernen Hirten orientieren, ob sie Politiker, Wirtschaftskapitän, Influencer oder Bischof heißen: Papst Franziskus fasst 2017 in einer Predigt die Eigenschaften dieses guten Hirten zusammen: Leidenschaft und Eifer, Unterscheidung von Gut und Böse und die Fähigkeit, Missstände deutlich anzusprechen. Ein guter Hirte begleitet seine Herde in guten und schlechten Momenten, er weist Schlechtes zurück und vertraut auf Jesus Christus: Jesus ist der gute Hirte, dem man sich vorbehaltlos anvertrauen kann! – Das Feld ist abgesteckt. Es liegt nun an den Hirten, was sie daraus machen …

 

Michael Mitter,
Pastoralassistent

 

 

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