Donnerstag 25. April 2024

Gedanken für den Tag

Verwandlung durch die Begegnung mit dem Auferstandenen

Zweiter Ostersonntag 2020
Gedanken von Abt Reinhold Dessl OCist, Stift Wilhering

Liebe Schwestern und Brüder!

Die Jünger, die uns am ersten Ostermorgen heute im Evangelium geschildert werden, strotzen nicht vor Glaubensbegeisterung, sondern ganz im Gegenteil. Sie sind ein verängstigter kleiner Haufen. Der Schrecken des Karfreitags sitzt ihnen allen noch tief in den Knochen. Sie haben sich sozusagen „in Quarantäne“ begeben und „waren aus Furcht vor den Juden bei verschlossenen Türen beisammen“.

 

Von der Furcht zur Freude

Aber wo die Menschen am Ende sind, da ist Gott noch lange nicht am Ende. Der Auferstandene kommt bei verschlossenen Türen zu seinen Jüngern. Er kommt aber nicht nur durch verschlossene Türen, sondern er schafft sich auch Zugang in verschlossene Herzen und eröffnet ihnen einen neuen Weg des Glaubens.

Der Auferstandene macht den Jüngern keine Vorwürfe, weil sie ihn nach der Verhaftung fast alle im Stich gelassen haben. Stattdessen wünscht er ihnen den Frieden. Friede ist hier wirklich als allumfassender Frieden gemeint: Friede mit den Menschen, mit Gott, mit sich selber.

Der Auferstandene wünscht den Seinen den Frieden und er zeigt ihnen seine Wundmale an den Händen und an seinem Herzen. Diese Wundmale sind so etwas wie die „Ausweispapiere“ des Auferstandenen. Er weist sich damit aus und sagt, dass er kein Gespenst ist, sondern derselbe, der am Kreuz gestorben ist.

Der Auferstandene zeigt seine Wunden und ermutigt uns dazu, auch zu den Schwachstellen und Wunden unseres eigenen Lebens zu stehen, auch zu unserer Angst und Verwundbarkeit, die uns in diesen Tagen ganz neu vor Augen geführt wird.

Die Begegnung mit dem Auferstandenen, der den Jüngern seine Wundmale zeigt, verwandelt ihre Furcht in Freude: „Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen.“ Die Freude, die aus dem Glauben kommt, bedeutet eine tiefe innere Freude, die sich nicht allein von äußeren Umständen abhängig macht, sondern vor allem aus der Dankbarkeit erwächst. Aus einer Dankbarkeit über erwiesene Solidarität, aus einer Dankbarkeit für kleine Zeichen der Verbundenheit, aus einer Dankbarkeit für das Leben überhaupt.

 

Vom Zweifel zum Glauben

Das Zweite an diesem Evangelium, was mich bewegt, das ist die Gestalt des Thomas. Er wird als der sogenannte „ungläubige Thomas“ bezeichnet. Aber schon der alte Kirchenvater Augustinus sagte, dass der Unglaube dieses Thomas uns mehr geholfen hat als der Glaube der anderen Jünger. Seine Wunde des Unglaubens hilft uns, unsere eigenen Wunden der Ungläubigkeit und des Kleinglaubens zu heilen.

Jesus nimmt den Zweifel des Thomas und sein „Begreifen-wollen“ ernst und sagt zu ihm: „Steck deine Finger hierher aus und siehe meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!“ Allein schon dieses Ernstgenommen-Werden scheint in Thomas etwas verwandelt zu haben. Überwältigt von der Liebe des Auferstandenen spricht er eines der kürzesten und schönsten Glaubensbekenntnisse des Neuen Testamentes: „Mein Herr und mein Gott!“

Die Wunden des Auferstandenen werden zum Begegnungsort mit Gott. Dort, wo wir ihn am wenigsten vermutet hätten, zeigt er seine Gegenwart: In der Erniedrigung Jesu am Kreuz, in der durchlittenen Gottverlassenheit, in der Verwundbarkeit, die im Licht von Ostern zu einem Zeichen der Liebe Gottes wird.

Wir haben ein Osterfest hinter uns mit fast leeren Kirchen, einem leeren Petersplatz und einem leeren Petersdom. Ob nicht diese heuer den Vorsichtsmaßnahmen geschuldete äußere Leere auch ein Bild sein könnte für die innere Leere vieler Menschen unserer Tage, die unter der scheinbaren Abwesenheit Gottes leiden. Durch den Kreuzestod Jesu ist Gott selber solidarisch in diese Leere eingetreten und hat sich damit zum Verbündeten des Menschen auf seiner Sinn- und Gottsuche gemacht.

 

Vom äußeren zum inneren Sehen

Thomas durfte sehen, aber Jesus sagt schließlich: „Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“ Der Glaube des Thomas macht uns Mut, unsere Zweifel auszusprechen, Leere auszuhalten und Einwände zu benennen. Der Glaube des Thomas macht aber auch Mut zum Trotzdem-Glauben.

„Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“ Durch die momentane Krise ist der Blick auf vieles getrübt. Wir hoffen auf ein Licht am Ende des Tunnels. Viele plagt die Ungewissheit, wie es weitergeht in den verschiedenen Bereichen. Hier tut es gut, unser Leben mit seinen Wunden im Licht des Auferstandenen zu sehen. Auch wenn wir ihn äußerlich nicht sehen, verlässt er doch seine Jünger nicht. Die Hoffnung und die Freude, die von ihm ausgehen, sind schon 2000 Jahre ansteckend. Wir dürfen es dem Auferstandenen auch heute zutrauen, dass er sich neu Zugang zu unseren verschlossen Herzen verschaffen kann. Amen.

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