Das Lukasevangelium berichtet von drei Situationen, durch die Jesus aufzeigen will, wie Gott handelt. ER geht dem Verlorenen nach, so die Gleichnisse vom verlorenen Schaf und der verlorenen Drachme, die dann in der Erzählung vom sogenannten "Verlorenen Sohn" gipfeln. Hier wird noch einmal gesagt, dass Gott mit weit ausgestreckten Armen auf uns wartet und alles verzeihen kann, ja will. Für uns sind diese Zeilen aber oft gar nicht so super. Finden wir uns doch eigentlich auch im zweiten Sohn wieder, der immer brav alles macht, was von ihm erwartet wird. Und unserem Gerechtigkeitsverständnis entspricht es nicht, dass der, der das Vermögen mit Dirnen durchgebracht hat, wieder auf den Ehrenplatz gesetzt wird.
Irgendwie haben beide Söhne das Gefühl, zu kurz gekommen zu sein. Vielleicht ist das ja auch die Erfahrung, die in uns ist. Da ist es trostreich, wie der jüngere Sohn in sich zu gehen und nachzudenken, Und mitunter kann sich dann soetwas wie Dankbarkeit dafür einstellen, wie oft und reich wir doch auch beschenkt wurden. Mir hat so eine Übung in einer größeren Krise einmal geholfen. Dass ich gecheckt habe, ich bin neben allen Problemen meines Lebens auch ziemlich oft auf die Butterseite gefallen. Und wenn ich dann noch glauben kann, dass Gott mich so wie ich bin liebt, obwohl er mich kennt, dann hab ich schon gewonnen. Ich würde es Ihnen wünschen, dass Sie immer neu erleben, dass letztlich Gott uns nachfolgt und entgegenkommt. Dass wir doch nicht zu kurz gekommen sind.
Sehr schön drückt das eines meiner Lieblingsgedichte aus:
jünger werden
wer mein jünger sein will, der verleugne sich selbst und folge mir nach.
jugendlich trunken
meinte ich alles zu geben
und dir egal wohin
lässig zu folgen
alt und ernüchtert
möchte ich vor allem zugeben
egal wohin ich auch gestolpert bin
bist du mir unablässig nachgefolgt.
(Andreas Knapp, Heller als Licht. Biblische Gedichte, Echter Verlag Würzburg 2014, S. 56)