Das waren die „Geburtstagskinder”!
Domorganist Wolfgang Kreuzhuber feierte seinen 60. Geburtstag am 18. Mai 2017, wie es sich für einen passionierten Musiker gehört: mit einem Konzert an „seiner“ Rudigierorgel im Linzer Mariendom.
Unter dem Motto „Geburtstagskinder” stellte das Eröffnungskonzert des Linzer Orgelfrühlings sechs Jubilare des Jahres 2017 vor: Zu hören waren kraftvolle und poetische Klänge von Jean Langlais, pfiffige Rumba- und Tangorhythmen von Peter Planyavsky und Guy Bovet, ein feierlicher Marsch von Félix-Alexandre Guilmant, Sigfrid Karg-Elerts in Tonfarben gegossene Sonnenuntergänge und Sternenlichter sowie eine freie Improvisation, in der Kreuzhuber schließlich alle Register seines Könnens zog.
Impressionistisch & rhythmisch
Mit Jean Langlais eröffnete Kreuzhuber den „Geburtstagskinder”-Reigen. In der "Incantation pour un Jour Saint" (1949) nimmt der Komponist Bezug auf die Liturgie der Osternacht. Diesen kraftvollen Klängen der Rudigierorgel folgte Langlais' introvertiertes und ihn weit über Frankreichs Grenzen bekannt machendes Werk „Chant de Paix” (1942/43), ein in instrumentale Poesie übersetzter „Friedensgesang”, entstanden im von deutschen Truppen besetzten Paris der 1940er-Jahre.
Rumbaklänge waren anschließend in Peter Planyavskys „Toccata alla Rumba” (1971) zu hören. Wer genau hinhörte, konnte nicht nur Rumbarhythmen, sondern auch den darin verborgenen Choral „Nun danket all und bringet Ehr” erkennen – auch wenn er sehr versteckt zu hören war, nämlich zunächst einmal in der Umkehrung.
Feierlich-mächtig wurden die Klänge beim nächsten „Geburtstagskind”, als Félix-Alexandre Guilmants „Marche religieuse“ (1861) über den Chor „Hebt Euer Haupt” aus Händels „Messias” durch den Dom schallte.
Pfiffige und raffinierte Tangorhythmen aus Guy Bovets „Tangos Ecclesiasticos" (2002) hielten die Zuhörerinnen und Zuhörer im Anschluss daran kaum in ihren Bänken: Der „Tango de cuarto tono de falsas ‚per l‘Elevazione‘“, der den Stil des Tangos mit jenem der italienischen Elevationstoccata kombiniert, und ganz besonders der Tango im zwölften Tonus, „zum Feste aller Heiligen, zu spielen auf vielen Registern der Orgel“, nicht umsonst „el Tango de los Tangos“ genannt. Und zur Freude aller Fans des Registers Zimbelstern, das im Mariendom meist nur zu Weihnachten erklingt, erfüllte dieser den Dom mit seinem glockenähnlichen Klang.
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Um die AudioDatei abspielen zu können, aktualisieren Sie bitte Ihren Browser oder installieren Sie eine aktuelle Verison des Flash plugins.Sigfrid Karg-Elert: Drei Impressionen, op. 108: II. Unter dem gestirnten Himmel (Starlight)
Einen Kontrast zu den Tangorhythmen boten Sigfrid Karg-Elerts zarte Sätze „Sunset” und „Starlight” aus seinen „Drei Impressionen für Orgel“ (1922). Wunderbar „coloristisch” hätte der Komponist diese Klänge wohl bezeichnet: Wolfgang Kreuzhuber und seine Rudigierorgel präsentierten den musikalischen Sonnenuntergang und die aufgehenden Sternenlichter in fein registrierten, differenzierten Klangfarben und ließen vor dem inneren Auge des Publikums herrliche Bilder entstehen.
Abschließend zeigte Domorganist Kreuzhuber sein ganzes Können bei einer fünfzehnminütigen Improvisation über das Lied „Gott ruft sein Volk zusammen”, wo er der Rudigierorgel vielseitige und vielfarbige Töne entlockte und jeder Variation einen ganz speziellen Charakter zukommen ließ. Man spürte genau: Die Rudigierorgel und er – das ist eine ganz besondere Liebe! Nicht umsonst sagt er: „Ich weiß, was die Orgel will – und die Orgel weiß, was ich will...”
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Und als Geburtstagsgruß nach dem donnernden Applaus mit Standing Ovations improvisierte Wolfgang Kreuzhuber noch spontan ganz jazzig über das Lied „Happy Birthday“.
Geschenk an sich & an andere
Wolfgang Kreuzhuber hat sich selbst und die Konzertbesucherinnen und -besucher nicht nur mit wunderbaren Tönen beschenkt, sondern tut mit seinem Konzert gleichzeitig auch etwas Gutes. Denn der gesamte Erlös des Konzertes geht an das Sozialprojekt „Tumaini“ von Markus Hagler. Das Geburtstagskind Kreuzhuber traf nämlich vor einigen Monaten vierzig Jahre nach seiner Schulzeit bei einem Maturatreffen wieder auf seinen Schulkollegen Hagler, der ihm mit strahlenden Augen von einer ganz besonderen Hilfe zur Selbsthilfe erzählte, und entschied sich spontan, die Initiative mit seinem Geburtstagskonzert zu unterstützen. Tumaini heißt Hoffnung. Und genau diese Hoffnung wollte Kreuzhuber, beeindruckt von Markus Haglers Engagement (und dem seiner Familie), weitergeben, weil er weiß: Jeder, der gibt, wird selbst zum Beschenkten.
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Besonders freute sich der Neusechziger darum über den Besuch des Ehepaars Andrea und Markus Hagler sowie weiterer Maturakollegen, die sich den Kunstgenuss nicht entgehen ließen. Unter den zahlreichen Gratulantinnen und Gratulanten fanden sich außerdem Dompfarrer Maximilian Strasser (in Vertretung von Bischof Manfred Scheuer), Domkapellmeister Josef Habringer, Orgelreferent Siegfried Adlberger, Diözesankantorin Franziska Leuschner sowie der künstlerische Leiter der Landes-Orgelkonzerte Musikschuldirektor Gustav Auzinger, der festhielt: „Ein wunderschönes Konzert. Die Rudigierorgel ist ein fantastisches Instrument – und ganz besonders dann, wenn sie jemand so spielt...”. Auch andere Besucherinnen und Besucher bewunderten das „anregende, abwechslungsreiche Programm”, das „nahezu perfekte und inspiriert musizierte Konzert”, die vielseitigen und bezaubernden Registrierungen sowie die technische und musikalische Souveranität des Domorganisten. Und eine Konzertbesucherin meinte anschließend: „Es war einzigartig. Ich habe die Rudigierorgel noch nie so schön gehört... und man spürte, dass er bei dem Konzert sein Herz ganz weit offen hatte aus tiefer Dankbarkeit vor seinem eigenen Geburtstag und aus tiefer Freude über seine Berufung... bei dem Gesamteindruck kamen mir dann die Tränen.“
Auch viele Studierende und Lehrende des Konservatoriums für Kirchenmusik der Diözese Linz waren gekommen, um „ihren” Direktor nach dem Konzert noch mit einer Überraschungsparty im Pfarrheim der Dompfarre Linz zu feiern.
(sp)