Das war die „Guilmant-Orgelmesse”!
Auf die Spuren der traditionellen „Orgelmesse” begaben sich die beiden Organisten Wolfgang Kreuzhuber und Heinrich Reknagel bei der „Guilmant-Orgelmesse” im Rahmen des Linzer Orgelfrühlings 2017. Variable Messteile wie Introitus, Offertorium, Communio und Sortie übernahmen die beiden Organisten – auf dem Programm standen Werke von Félix-Alexandre Guilmant, interpretiert von Kreuzhuber an der Pflüger-Chororgel und von Reknagel an der Rudigierorgel.
Guilmant – Mitbegründer der romantischen Orgelschule in Frankreich
Neben Charles-Marie Widor (1844–1937) gilt Félix-Alexandre Guilmant (1837–1911) als Mitbegründer der romantischen Orgelschule im Frankreich des 19. Jahrhunderts. Durch seine Kompositionen hatte Guilmant großen Anteil an der Ausbildung eines eigenständigen französisch-romantisch-sinfonischen Orgelstils. Als weltbekannter Interpret und Improvisator sorgte er außerdem dafür, dass die Orgel und die für sie komponierte Musik in der breiten Öffentlichkeit eine größere Wertschätzung erfuhren.
Geboren wurde Guilmant 1837 in der nordfranzösischen Hafenstadt Boulogne-sur-Mer. Sein Spiel bei der Einweihung der Orgeln von Saint-Sulpice und Notre-Dame de Paris erregte solches Aufsehen, dass er 1871 als Nachfolger von Charles-Alexis Chauvet zum Titularorganist in La Trinité in Paris ernannt wurde. Im Rahmen der Pariser Weltausstellung 1878 wurde Guilmant zu mehreren Recitals auf der neuen prächtigen Cavaillé-Coll-Orgel im Palais du Trocadéro eingeladen. Diese beliebten Konzerte fanden auch international viele Anhänger. Große Erfolge feierte der Organist auch bei seinen Konzertreisen durch England, Italien, Kanada, Lettland, Russland und in die USA. Nach der Rückkehr von seiner zweiten Amerika-Tournee 1898 gab er sein Amt in La Trinité auf, da man in seiner Abwesenheit ohne seine Zustimmung Änderungen an der Orgel vorgenommen hatte. Louis Vierne (1870-1937), Guilmants früherer Schüler und Assistent an La Trinité, sorgte als Zeichen des Protests darum dafür, dass sein Lehrer zum „Organiste honoraire” an Notre-Dame de Paris ernannt wurde. Mit vielen weiteren Ehrungen bedacht starb Guilmant 1911 in seinem Haus in Meudon.
Ein Klangerlebnis in "Dolby Surround"
Im Rahmen der Orgelmesse am 28. Mai 2017 im Linzer Mariendom stand Musik aus der Literatursammlung „L'Organiste pratique” (diese besteht aus zwölf Bänden, 1872–1883) auf dem Programm: Beim Einzug erklang der Grand Chorus, op. 52/2, zur Gabenbereitung war das Stück Cantabile in F, op. 41/4, zu hören, zur Kommunion spielten die beiden Organisten das Werk Communion in D, op. 46/1, und zum Auszug wurde es mit dem Marche de Procession, op. 41/5, noch mal richtig festlich. Bearbeitet wurden die Werke eigens für zwei Orgeln. Ein Klangerlebnis in "Dolby Surround" für die Gottesdienstbesucherinnen und Gottesdienstbesucher. Oder wie es eine Zuhörerin so schön ausdrückte: „Die Musik hat mich total erfüllt... das war eine Stunde der Erfüllung! Ich hatte das Gefühl mittendrinnen zu sein, getragen von der Musik.”
(sp)