Gedenkgottesdienst für Heinrich „Heinz” Reknagel
Hunderte Menschen – Familie, Verwandte, Freunde, Kollegen und Bekannte – versammelten sich zum Abendgottesdienst, dem Dompfarrer Maximilian Strasser als Zelebrant und Dechant Johann Schausberger als Konzelebrant vorstanden. Unter den Gottesdienstbesuchern war auch Bischof em. Maximilian Aichern zu entdecken, der damit seine Wertschätzung für den Musiker Heinz Reknagel und die Liebe zur Musik im Allgemeinen zum Ausdruck brachte.
Persönliche Erinnerungen von Domorganist Wolfgang Kreuzhuber
Dompfarrer Maximilian Strasser hob in seiner Eröffnung hervor, dass die Gemeinde nun zusammengekommen sei, um sich von Heinz Reknagel für diese Zeit, diese Welt zu verabschieden und für sein Leben und seine Musik zu danken. Im Anschluss daran lud er Domorganist Wolfgang Kreuzhuber ein, seine persönlichen Gedanken und Erinnerungen an den langjährigen Wegbegleiter, Kollegen und Freund vorzutragen. Auf berührende Weise brachte dieser – mit tränennassen Augen – Heinz Reknagel allen ganz nahe: mit seinem untrüglichen Gespür für Situationen, seiner unerschütterlichen Gelassenheit und seinem tiefgründigen Humor.
Vielen Zuhörenden kullerten während der Rede Tränen über die Wangen, bei der Schilderung so mancher Erinnerung kam aber doch vielen ein Lachen aus, unter anderem als Kreuzhuber von einer Jubelpaarmesse erzählte, bei der Heinz Reknagel und er gemeinsam an zwei Orgeln musizierten und Dompfarrer Strasser sie zum Thema seiner Predigt machte: „Er verglich unsere musikalische Beziehung mit den Paaren, die da ein Ehejubiläum im Dom feierten, denn blindes Vertrauen, gutes Aufeinanderhören und wertschätzende Kommunikation sind da wie dort gefragt. Und bei allem Gefühl und Wissen, dass Dompfarrer Strasser mit seinen Worten recht hatte, erklärte Heinz nach dem Gottesdienst scherzhaft: ,Also, was da heute in der Predigt war… ich bin doch nicht mit Dir verheiratet!‘” Und Kreuzhuber erklärte, dass sie zwar nicht miteinander verheiratet waren, aber doch in mehreren Bereichen gemeinsam und in tiefer Verbundenheit ihren Weg gingen – ob im Konservatorium für Kirchenmusik der Diözese Linz, bei der Dommusik Linz, beim Dommusikverein Linz oder bei der Orgelkommission der Diözese Linz.
Persönliche Gedanken von Dompfarrer Maximilian Strasser
Auch Dompfarrer Maximilian Strasser legte nach dem Evangelium (Joh 14: Das Gespräch über den Weg zum Vater) seine persönliche Sicht auf Heinz Reknagel dar – geleitet war diese von drei Gedanken: „Immer, wenn ich Heinz Reknagel spielen hörte, dachte ich mir: Da sitzt ein Musiklehrer, fähig, das zu erwecken, was in Schülerinnen und Schülern an Musikalität steckt.” Und er verriet, dass er sich genau so einen gewünscht hätte. Strasser betonte, dass Reknagel die Gemeinde bei ihrem Gesang geführt habe, dass er sie hingeführt habe zum Gottesdienst. Und immer sei zu spüren gewesen, dass „[...] etwas in ihm ist, was in den Fingern ist, sich auf die Tasten überträgt und aus den Pfeifen klingt.” Und er führte weiter aus: „Oft war er einfach da, weil er gebraucht wurde. Stets ganz ruhig und unscheinbar, aber immer sicher und kompetent.” Und dafür bedankte er sich – im Namen der Dompfarre Linz und ganz persönlich. Heinz Reknagels Leben war der Kunst gewidmet – so Strasser – und darum treffe der Ausspruch Johann Sebastian Bachs, der auf Heinz Reknagels Gedenkbild abgedruckt sei, voll auf diesen zu: „Wem die Kunst das Leben ist, dessen Leben ist eine große Kunst.“
Der zweite Gedanke, den Strasser ausführte, bezog sich darauf, dass Heinz Reknagel nach menschlichem Ermessen viel zu früh verstorben ist. Und damit verband er Gedanken von Dietrich Bonhoeffer, der das Leben als Fragment wahrnahm – so schrieb dieser in einem Brief vom 23. Februar 1944: „Es kommt wohl nur darauf an, ob man dem Fragment unseres Lebens noch ansieht, wie das Ganze eigentlich angelegt und gedacht war und aus welchem Material es besteht. Es gibt schließlich Fragmente, die nur noch auf den Kehrichthaufen gehören, und solche, die bedeutsam sind auf Jahrhunderte hinaus, weil ihre Vollendung nur eine göttliche Sache sein kann, also Fragmente, die Fragmente sein müssen – ich denke zum Beispiel an die Kunst der Fuge. Wenn unser Leben auch nur ein entferntester Abglanz eines solchen Fragmentes ist, in dem wenigstens eine kurze Zeit lang die sich immer häufenden, verschiedenen Themata zusammenstimmen, und in dem der große Kontrapunkt vom Anfang bis zum Ende durchgehalten wird, so dass schließlich nach dem Abbruch höchstens noch der Choral: „Vor deinen Thron tret ich allhier“ intoniert werden kann, dann wollen wir uns auch über unser fragmentarisches Leben nicht beklagen, sondern sogar daran froh werden.“ Dieser Fragmentarität des Lebens werde man gewahr, so Strasser, bei Bachs Kunst der Fuge, aber auch bei Mozarts Requiem, bei Bruckners Neunter oder Schuberts 8. Sinfonie, der Unvollendeten. Denn: „Das Unvollendete gibt uns vielleicht einen Glanz der Ewigkeit“, erklärte Strasser, denn die Vollendung werde uns letztlich geschenkt.
Seinen dritten Gedanken eröffnete Maximilian Strasser damit, dass Heinz Reknagel oft durch den Dom ging – aus ganz unterschiedlichen Gründen: „Manchmal ist er auch ganz meditativ von hinten nach vorne gegangen. Ich weiß nicht, was er sich da gedacht hat.” Aber Dompfarrer Strasser verband damit stets besondere Gedanken. Denn das Glasfenster an der Spitze des Domes zeigt Mariä Aufnahme in den Himmel – und so spanne sich der Bogen über den Tod hinaus in die Vollendung, die uns verheißen ist und die Gott uns schenken will. Strasser führte weiter aus: „Heinz Reknagel hat manchmal vielleicht ähnliche Gedanken gehabt – rund um diesen Bogen, der über sein Leben gespannt ist, der sich in Musik ausdrückt und etwas Bleibendes ist.” Und so beendete Strasser seine Gedanken mit den Worten: „Heute nehmen wir von ihm Abschied für diese Welt und diese Zeit. Nicht nur, um ihn in Erinnerung zu behalten, sondern um diese Beziehung zu pflegen. Anders ist die Beziehung geworden, aber nicht gebrochen. Anders ist die Kommunikation, aber nicht zu Ende. Und das verdanken wir dem, der unser unvollendetes Leben zur Vollendung führt. Ihm vertrauen wir Heinz und uns alle an. Im Glauben sind wir verbunden – in jeder Stunde des Lebens und über den Tod hinaus. Amen.”
Musikalische Gestaltung durch Collegium Vocale Linz, Domchor Linz und Konservatorium für Kirchenmusik der Diözese Linz
Musikalisch gestaltet wurde der Gedenkgottesdienst von Collegium Vocale Linz (Leitung: Josef Habringer), Domchor Linz (Leitung: Domkapellmeister Josef Habringer), dem Chor des Konservatoriums für Kirchenmusik der Diözese Linz (Leitung: Andreas Peterl) sowie Michaela Aigner (Rudigierorgel) und Domorganist Wolfgang Kreuzhuber (Chororgel) an den beiden Orgeln.
Zum Einzug erklang „Wer nur den lieben Gott lässt walten” (GL 424 und BWV 93) für Gemeinde und Chor, zum Kyrie das vierstimmige ostkirchliche „Kyrie” (GL 155), der Kehrvers „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt” (GL 835,1) mit Psalm 23 als Ruf vor dem Evangelium, Josef Gabriel Rheinbergers „Abendlied” (aus: „Drei geistliche Gesänge“ op. 69,3) nach der Homilie, zur Gabenbereitung Johann Sebastian Bachs „Wohl mir, dass ich Jesum habe” (aus der Kantate „Herz und Mund und Tat und Leben”, BWV 147) , zum Sanctus das „Heilig” und zum Agnus Dei „Mein Heiland, Herr und Meister” aus der „Deutschen Messe” (im Original: „Gesänge zur Feier des heiligen Opfers der Messe“, D 872) von Franz Schubert.
Zur Kommunion wurde Felix Mendelssohn Bartholdys „Wer bis an das Ende beharrt” aus dessen Oratorium „Elias” (MWV A 25) und eine kurze Improvisation von Domorganist Wolfgang Kreuzhuber sowie zum Dankgesang „Nun sich das Herz von allem löste” (GL 509) musiziert. Nach dem Segen erklang Franz Schmidts „Halleluja-Präludium in D” – interpretiert von Michaela Aigner an der Rudigierorgel – das Heinz Reknagel selbst sehr geliebt und gerne gespielt hatte.
Texte zum Nachlesen:
Eröffnung | Wolfgang Kreuzhuber: Trauerrede
Lesung | 2 Kor 5,1-10: Die Hoffnung des Apostels
Evangelium | Joh 14,1-14: Das Gespräch über den Weg zum Vater
(sp)