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Das ist mein drittes Weihnachten in Österreich, aber mein sechstes Weihnachten seit dem Krieg in Syrien.
Vor dem Krieg hat Damaskus eine sehr schöne Weihnachtszeit gehabt, mit beleuchteten Dekorationen überall in den christlichen Gebieten. Weihnachten war eine Zeit, in der die Familien und Nachbarn zusammen gefeiert, Kuchen vorbereitet und Weihnachtslieder gesungen haben sowie zur Messe in der Dämmerung gegangen sind. Im Gegensatz zu Linz werden die Straßen am Weihnachtsabend ganz voll, die Menschen beeilen sich, um Süßigkeiten zu kaufen und Geschenke vorzubereiten. Die Santa-Claus-verkleideten Eltern kommen in die Häuser mit Geschenken für die kleinen Kinder und Weihnachtskonzerte sind nur wenige Tage vor dem Vierundzwanzigsten.
Als ich das Land verlassen habe, war das letzte Weihnachten, das ich dort verbracht habe, ganz traurig. Die Situation im ganzen Land war schlecht, mit hunderten Gestorbenen jeden Tag, und Tausenden von Menschen, die Weihnachten in ihren Häusern gefeiert haben.
Hier in Linz habe ich Weihnachten in den letzten zwei Jahren fast nicht gefeiert. Im ersten Jahr bin ich am Vierundzwanzigsten nach draußen gegangen, um zu sehen, wie die Menschen feiern, ich habe aber niemanden in der ganzen Stadt gefunden und ich habe um 19 Uhr die Straßenbahn nach Hause fast verpasst! Ich habe in dieser Zeit fast keine österreichischen Freunde gehabt und ich war ganz neu im Land. Das zweite Weihnachten habe ich in Deutschland verbracht, dieselbe Geschichte war auch dort. Ich verstehe jetzt, dass Weihnachten eine Zeit ist, in der die Menschen alles vorher vorbereiten, und am Vierundzwanzigsten bleiben sie nur zuhause mit den Familien und Freunden. Dieses Jahr, da ich die Sprache zu sprechen und verstehen schon begonnen habe, habe ich manche Weihnachtsfeiern mit mehreren Kreisen, zu denen ich jetzt gehöre, gehabt: Mit meinen Kollegen in der Arbeit, mit einem Chor, in dem ich singe, und am Wichtigsten: mit meinen Freunden und Kollegen vom Konservatorium für Kirchenmusik!
Jetzt ist die Situation in meiner Stadt viel besser geworden. Die Menschen feiern Weihnachten wieder, und die Dekorationen sind wieder überall in der Stadt trotz des Krieges. Und während es mir weh tut, dieses dritte Weihnachten auch zu weit weg von meiner Familie zu verbringen, bin ich glücklich, dass ich mehrere Familien hier in Österreich finden konnte, die mir immer wieder Liebe und Respekt gezeigt haben, und dass ich die Weihnachtsmusik von Europa im Land dieser Musik genießen konnte, mit den netten Leuten im Konservatorium für Kirchenmusik!
(Eyad Haddad)
Fotonachweise:
Foto 1: Bells angels, and a saint. © Charles Roffey/flickr.com/CC BY-NC-SA 2.0
Foto 2: Christmas Eve in Syria. © Charles Roffey/flickr.com/CC BY-NC-SA 2.0
Foto 3: Mary on the balcony. © Charles Roffey/flickr.com/CC BY-NC-SA 2.0
Foto 4: Eyad Haddad (rechts) im Konservatorium für Kirchenmusik der Diözese Linz. © Konservatorium für Kirchenmusik der Diözese Linz/Stefanie Petelin
Foto 5: Eyad Haddad beim weihnachtlichen Vortragsabend 2017. © Konservatorium für Kirchenmusik der Diözese Linz/Stefanie Petelin
Foto 6: Eyad Haddad beim weihnachtlichen Vortragsabend 2017. © Konservatorium für Kirchenmusik der Diözese Linz/Stefanie Petelin
Foto 7: X wie XXL-Weihnachtsgefühle. © cromaconceptovisual/pixabay.com/CC0 1.0