"Man kann nie genug Schuhe haben."
Ein großer Freund der Frauen war er wohl nicht. Darum bin ich auch ganz froh, dass er nicht vorne steht. Egal von welcher Seite die Besucherinnen und Besucher in den Dom kommen, er ist nicht so leicht zu sehen. Genauso wie sein „Heiliger Bruder“ Petrus steht er in einer der Seitennischen unter der Rudigierorgel.
Überlebensgroß, mit Schwert und wallendem Mantel schaut er auf ein Seitenschiff im Dom. Fasziniert bin ich von seinen Stiefeln. Entsprechend der heutigen Mode, braun mit gerafftem Schaft. Wie uns schon die Werbung suggeriert: “Man kann nie genug Schuhe haben!“ Die brauchte er auch für seine vielen Reisen.
Die Rede ist von Paulus aus Tarsus – jenem Missionar, der zuerst die Christinnen und Christen verfolgte und sich dann bekehrte. Dass er vom Saulus zum Paulus wurde ist darauf zurückzuführen, dass Juden in fremden Lebensumfeldern häufig einen zweiten Namen wählten, der für Außenstehende verständlich war und möglichst ähnlich wie ihr Ursprungsname klang. Von Beruf war er Zeltmacher. Er ist der Schutzpatron vieler Berufe: Sattler, Seiler, Korbmacher, SeelsorgerInnen, TheologInnen und auch der Arbeiterinnen.
Was mich mit ihm verbindet?
So wie er reise auch ich gerne in ferne Länder, knüpfe Kontakte mit Leuten anderer Regionen, begleite Menschen bei ihren Reisen in andere „Welten“. Habe selbst mehrere Jahre in einem anderen Land gelebt.
Paulus bereiste Syrien, jenes Land aus dem 2015 tausende Menschen nach Österreich flüchteten. Als ehemalige Caritas-Mitarbeiterin erlebte ich wie die Menschen kamen. Oftmals hatten sie nicht viel mehr als eine Tasche mit, in der ihr ganzes Hab und Gut war, alles was ihnen vom Leben in Syrien geblieben war.
Da frage ich mich immer wieder, wie wäre es mir gegangen, wenn ich aus meinem Heimatland flüchten hätte müssen? Wenn alles, was mein bisheriges Leben ausgemacht hat, in einer Tasche Platz finden hätte müssen?
Und welches Glück es ist, in Österreich geboren zu sein – Man sucht sich das Land seiner Geburt nicht aus …
Als Mitarbeiterin im Treffpunkt Mensch und Arbeit, Standort Voestalpine ist mir die Welt der Arbeiterinnen (deren Schutzpatron Paulus ist) nicht total fremd.
Hier bewegt mich zum einen die Frage, wie sehr wir Frauen in der Kirche willkommen sind? Als willige Arbeiterinnen überall, nur nicht als hauptverantwortliche Arbeiterin (Diakonin) im Altarraum.
Und zum zweiten bewegt mich das Verhältnis Kirche und Arbeiterin. Sind Arbeiterinnen, die oft eine andere politische Einstellung mitbringen, als die herkömmlich katholische, gern gesehen? Weiß die Kirche um ihre Probleme und Schwierigkeiten in der Arbeitswelt?
Mit welchen Schuhen sind wir in der Kirche gern gesehen? Mit den verdreckten vom Arbeiten, mit den vom Reisen staubigen und abgetretenen, oder wegen des hastigen Aufbruchs nur schnell angezogenen Schlapfen? Oder sind nur die eleganten und polierten Schuhe gern gesehen?