Am Scheideweg
Jesu Kindi bleib bei mir.
Mach ein frommes Kind aus mir.
Mein Herz ist klein.
Kann niemand hinein.
Nur du, mein liebes Jesulein.
Sie betritt den Dom, geht Richtung Mitte nach vorne, hält kurz vor der ersten Sitzreihe inne und legt sich auf den Boden. Mit Blick auf den gekreuzigten Jesus fragt sie sich, wem sie ihr Herz beim allabendlichen Nachtgebet so ganzheitlich versprochen hatte, als sie noch ein Kleinkind war - einer Person, einer Idee, einem Konstrukt, einer Religion, einer Institution oder einer Kultur?
Sara lachte (Gen 18,12).
Das Am-Boden-Liegen bietet einen Perspektivenwechsel, um Normalitäten, Routine oder alltäglich Gegebenes aus einem anderen Blickwinkel betrachten zu können.
Wie sieht sie sich als Frau in der katholischen Kirche vertreten?
Wie beeinflusst/e diese Institution aus historischer Sicht und auch durch aktuelle Ereignisse ihren ihr entgegengebrachten oder oft auch aufgedrängten, gesellschaftlich konstruierten Stellenwert und wie wirkt sich dies wiederum auf ihre Selbstwahrnehmung aus?
Vor dem Abbild des gekreuzigten männlichen Körpers liegt sie am Boden und richtet sich langsam auf.
Doch wohin wird sie gehen, nachdem sie aufgestanden ist?
Richtung Altar?
Aus der Kirche hinaus?
Oder wird sie sich gleich wieder im Eingangsbereich niederlassen?