Antonio Scandello (1517 – 1580): „Johannespassion“
Der Komponist und Musiker Antonio Scandello, der zunächst im italienischen Bergamo gewirkt hat und 1549 auf Initiative des Kurfürsten Moritz vom Sachsen Mitglied der Dresdner Hofkapelle wurde, schuf 1561 eine einzigartige und wegweisende Passionsvertonung.
Die Johannespassion des Wahl-Dresdners stellt den Prototyp jener deutschsprachigen Passionsvertonungen dar, die der heutigen Systematik zufolge als Mischgattung zwischen responsorialer und durchkomponierter Passion bestimmt werden.
Als charakterisierende Merkmale sind der einstimmig-solistische Evangelistenpart und die mehrstimmige Vertonung sämtlicher wörtlicher Reden zu nennen. Zu dem unbestrittenen Verdienst Scandellos, als Erster satz- und klangtechnische Vorbilder der Italiener für die deutsche Passionskomposition aufgegriffen und verwendet zu haben, tritt ein weiteres wichtiges Moment hinzu: In den Chorsätzen bricht Scandello mit der traditionellen Praxis, den vorgegebenen Passionston im Tenor beizubehalten. Er gewinnt somit die Möglichkeit einer freien Ausgestaltung des Textes.
Ein Meisterwerk der Passionsmusiken, das zu Unrecht vergessen wurde.