Donnerstag 25. April 2024

Ökumenischer Gottesdienst zum Tag des Judentums

Die Kirchen in Österreich feiern am 17. Jänner den „Tag des Judentums“. Anlässlich des Gedenktages fand am 15. Jänner 2023 ein ökumenischer Gottesdienst in der Ursulinenkirche in Linz statt.

Der Tag des Judentums wurde im Jahr 2000 als besonderer Gedenktag vom Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) ins Leben gerufen. In ganz Österreich gibt es rund um den 17. Jänner Gottesdienste, Dialogveranstaltungen und Bildungsangebote, die an die jüdischen Wurzeln des Christentums und an das Unrecht an jüdischen Menschen und ihrem Glauben in der Geschichte erinnern sollen.

 

Zu Beginn des ökumenischen Gottesdienstes in der Ursulinenkirche begrüßten die Theologin Dorothea Schwarzbauer-Haupt, Wort-Gottes-Feier-Leiterin in der Ursulinenkirche, und Gudrun Becker, Referentin für Ökumene und Judentum der Diözese Linz und Leiterin des christlich-jüdischen Komitees OÖ, alle Gottesdienstbesucher:innen. Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst von Bohdan und Ewa Hanushewsky, besser bekannt als Kohelet3, mit einem bunten Repertoire aus der jüdischen Tradition mit Saxofon, Akkordeon und Gesang. Mitgestaltet wurde der Gottesdienst zudem von Günter Merz, Diözesanbeauftragter für christlich-jüdischen Dialog der Evangelischen Kirche.

 

„Hoffnung ist leben, handeln, lieben und sich einsetzen, als wäre der gute Ausgang möglich“ 


Die Lesung (Jes 2,2-4) wurde zunächst von Prof. Franz Hubmann auf Hebräisch, der Muttersprache des Judentums, und danach von Dorothea Schwarzbauer-Haupt auf Deutsch gelesen. Den hebräischen Lesungstext las Prof. Hubmann aus einem Codex eines Faksimiles der ältesten hebräischen vollständigen Abschrift, die etwa aus dem Jahr 1008 nach Christus stammt. „Und Gott wird Recht sprechen zwischen den fremden Völkern und richten zwischen vielen Völkern. Dann werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Lanzen zu Winzermessern umschmieden, kein fremdes Volk wird mehr gegen ein anderes sein Schwert erheben, und niemand wird mehr Kriegshandwerk lernen“, heißt es darin.

 

Musikalisch wurde der Gottesdienst von Bohdan und Ewa Hanushewsky, besser bekannt als Kohelet3, gestaltet
Ökumenischer Gottesdienst in der Ursulinenkirche in Linz
Lesung aus dem Buch Jesaja aus einem Codex eines Faksimiles der ältesten hebräischen vollständigen Abschrift, die etwa aus dem Jahr 1008 nach Christus stammt
Dorothea Schwarzbauer-Haupt begrüßte alle Mitfeiernden
Gudrun Becker, Referentin für Ökumene und Judentum der Diözese Linz und Leiterin des christlich-jüdischen Komitees OÖ
Die Lesung (Jes 2,2-4) wurde von Prof. Franz Hubmann auf Hebräisch, der Muttersprache des Judentums vorgelesen
Günter Merz, Diözesanbeauftragter für christlich-jüdischen Dialog der Evangelischen Kirche

© Diözese Linz - Kienberger

 

Gudrun Becker ging in ihrer Predigt auf die Lesung ein: Die Vorstellung, dass kein Volk mehr sein Schwert gegen ein anderes erheben werde, klinge zunächst utopisch, unrealistisch und naiv. Sowohl heute als auch zur Zeit des Propheten gibt und gab es Kriege und militärische Bedrohungen. Dennoch spreche Jesaja von Recht und Gerechtigkeit, vom Frieden zwischen den Völkern und dem Ende jeglicher Kriege. Becker erinnerte die Bibelstelle an das weltbekannte Buch „Trotzdem ja zum Leben sagen“ des jüdischen Arztes und Psychotherapeuten Viktor Frankl und an seine Strategien, mit dem unerträglichen Leid und dem Gräuel im KZ Auschwitz umzugehen. Für Becker steckt sowohl in der Lesung als auch in den Ausführungen Frankls mehr als nur ein unrealistischer Optimismus als psychologische Überlebensstrategie: „Ich meine, aus diesen Aussagen und Haltungen können wir erahnen, was Hoffnung ausmacht. Der Trick, sich eine gute Zukunft vorzustellen, hat keineswegs die objektiven Bedingungen der Situation Frankls verändert. Der gute Ausgang seines Martyriums war alles andere als garantiert. Wie wir aus vielen Berichten wissen, hing Leben und Überleben von Jüdinnen und Juden damals von unzähligen Zufällen und willkürlichen Entscheidungen ab.“ Der hoffnungsvolle Vorgriff auf die Zukunft, der Glaube an den guten Ausgang habe Frankl vor Resignation und Verzweiflung bewahrt. „Diese Hoffnung war in seinem ganzen Leben, in seinem wissenschaftlichen Werk und in seinem Handeln spürbar. Für mich ist dies ein Reichtum, den ich immer wieder in jüdisch-biblischen Schriften und auch bei herausragenden jüdischen Glaubenden entdecke: die Hoffnung und Zuversicht auf Frieden, Gerechtigkeit und Hilfe von Gott“, so Becker. „Hoffnung ist eine Praxis, keine bloße Theorie. Hoffnung ist – und das lerne ich vom jüdischen Glauben – leben, handeln, lieben und sich einsetzen, als wäre der gute Ausgang möglich, mehr noch, als wäre der gute Ausgang sicher. Handeln in dieser Hoffnung verändert unser Leben, unsere Gesellschaft und lässt einen Sinn aufleuchten“, betont Becker. Jesaja, die Betenden in den Psalmen und Viktor Frankl könnten Inspiration und Kraftquelle sein, gerade dann, wenn es keinen offensichtlichen Grund für Hoffnung gebe, so Becker am Ende ihrer Predigt.

 

Veranstaltungshinweis


Am 17. Jänner 2023 referieren Univ.-Prof.in Dr.in Susanne Gillmayr-Bucher, Professorin der Alttestamentlichen Bibelwissenschaft (Katholische Privat-Universität Linz) und Dr.in Barbara Staudinger, Direktorin des Jüdischen Museums Wien, über die Bedeutung des Namens in Judentum und Gedenkkultur.

 

17. Jänner 2023, 19.00 Uhr
Katholische Privat-Universität Linz
Bethlehemstraße 20, 4020 Linz
Anmeldung und weitere Informationen auf der Ökumene-Website.

 

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