„Frauen ermächtigen und Würde geben.“
VK: Veronika Pernsteiner, ehrenamtliche Vorsitzende kfb Ö
PW: Paula Wintereder, ehrenamtliche Vorsitzende kfb OÖ
Kem: Kienast Eva-Maria, Haus der Frau
Verbindungen und Herausforderungen
Kem: Was verbindet ihr mit dem Haus der Frau?
PW: Da ich weit weg vom Haus der Frau wohne, kenne ich es eher vom Lesen des Kursprogramms. Ich habe allerdings im Haus der Frau vor 30 Jahren mit meinem Mann den Ehevorbereitungskurs besucht.
VP: Ich verbinde mit dem Haus der Frau den internationalen Frauenkaffee. Den ersten Kaffee vor ca. 20 Jahren moderierte Christine Haiden. Wir lernten viele Länder und Frauen aus diesen Ländern, die damals in Oberösterreich lebten, kennen. Ich habe damals eine schwangere Frau aus Albanien kennen gelernt, mit der ich viele Jahre intensiven Kontakt hatte. Und der Kontakt ist bis heute aufrecht.
Kem: Wo seht ihr spezielle Herausforderungen für Frauen im Jahr 2018, denen wir uns stellen müssen?
VP: Also für mich ist die gesellschaftspolitische Bildung ein ganz wesentlicher Faktor. Und auch Frauen zu ermächtigen, sich gesellschaftspolitisch einzubringen. Diese Bewusstseinsbildung, dass jede einzelne Frau etwas verändern kann. Gerade in Hinblick auf politische Rahmenbedingungen für Frauen und auch Richtung Klimawandel. Die kfb Österreich hat als nächsten Schwerpunkt einmischen. mitmischen. aufmischen und ich glaube, Frauenbildung ist ein ganz ein wesentlicher Faktor, um Frauen zu empowern.
PW: Das Haus steht für Frauenbildung. Die Herausforderung wird sein, eine vielfältige Bildung anzubieten.
Zum einen suchen Frauen Unterstützung, um sich entsprechend in der Gesellschaft einbringen zu können. Dafür braucht es neben dem eigenen Erfahrungswissen ein Wissen, das hilft, sich weiter zu entwickeln und eine eigene Meinung bilden zu können und immer wieder auch mutig einzubringen.
Und zum anderen ist es hilfreich, jene Frauen, die noch mehrere Schritte hin zum eigenmächtigen Engagement benötigen, zu fördern.
Ein Herzensanliegen ist mir, sowohl Frauen als auch Männer in ihrer Zuversicht zu stärken. Wir leben in einer Zeit, wo es sowohl gesellschaftlich, aber auch innerkirchlich manchmal an Messers Schneide steht: Gebe ich auf oder mache ich mit? Hier gilt es die Zuversicht zu stärken. Damit sich Frauen nicht wieder in das Bekannte und Bequeme zurückziehen.
Die kfb und Frauenthemen
Kem: Das Haus der Frau ist ein Bildungs- und Begegnungszentrum der kfb in Linz. Es gibt weitere Häuser in Steyr und in Ried/Innkreis. Wieso sind für die kfb diese drei Standorte wichtig?
PW: Die Kfb kommt den Menschen, den Frauen entgegen. Die Entfernung zum Bildungshaus entscheidet oft darüber, ob ich ein Angebot wahrnehme oder nicht. Außerdem können dadurch andere Schwerpunkte gesetzt werden. Bildung soll zu den Menschen in die Region kommen.
VP: Ich denke, dass die Regionalität überhaupt eine Stärke der kfb ist – bis in die kleinste Pfarre hinein und die drei Bildungshäuser sind ein Abbild davon.
Kem: Ich habe mir zur Vorbereitung auf das Jubiläum die alten Programmhefte durchgesehen. 1969 wurde mit 30 Kursen begonnen, das aktuelle Kursprogramm umfasst 320 Kurse. Was mich einerseits erstaunt, aber auch erschüttert ist, dass die Themen noch immer sehr ähnlich sind. Für 1969 waren die Themen wohl revolutionär: Die Frau als Führungskraft, Die gesellschaftliche Positionierung der Frau. Die Themen sind sich über die Jahre sehr ähnlich geblieben und noch immer aktuell. Wie erklärt ihr euch das?
VP: Wenn wir Frauen erst seit 100 Jahren wählen dürfen, dann werden die Themen noch sehr lange sehr gleich sein, weil die Frauen immer wieder an diese Decken stoßen. Seien es die Herausforderungen der politischen Rahmendbedingungen für Frauen im Beruf oder in der Care-Tätigkeit. Das sind noch immer brisante Themen, wo es ganz viel Bewusstseinsarbeit braucht und Frauen ermutigt werden sollen, sich einzumischen. Eine der nächsten Möglichkeiten dazu ist die Europawahl am 26. Mai 2019. Dieses demokratische Mittel sollte wirklich genützt werden.
PW: Es gibt Themen für Frauen, welche sich über die Jahre kaum verändern werden. Zum Beispiel die Herausforderung, als Frau mit verschiedenen Rollen zurechtkommen zu müssen. Die Tatsache, Selbstmanagement üben und lernen zu sollen. Diese und so manch andere Themen werden sich nicht grundlegend ändern, da sich die Gleichstellung von Mann und Frau nur langsam in die richtige Richtung bewegen.
Veränderungen und Gemeinschaft
Kem: Wir nehmen die Veränderung wahr, dass es im Bereich der Erwachsenenbildung schwieriger wird, Erwachsene und hier gerade Frauen, zu erreichen. Zum Teil genau aus dem Thema der Mehrfachbelastung heraus. Habt ihr Ideen, mit denen man ganz gezielt Frauen ansprechen könnte?
VP: Um jüngere Frauen anzusprechen kann begleitende Kinderbetreuung hilfreich sein. Möglicherweise wird die digitale Einbindung eine Möglichkeit sein, um von zu Hause etwas zu bearbeiten. Hier ist eine gute Mischung von digitalem Angebot und Gemeinschaft wichtig. Die gemeinschaftliche Bildung ist trotzdem die Effizientere, weil dabei das Herz eine Rolle spielt.
Kem: Und wahrscheinlich auch der Austausch – von andere Frauen lernen und zu sehen, dass es anderen Frauen ähnlich geht.
VP: Genau. Und das macht mich zuversichtlich, dass nicht alles über die Digitalisierung laufen kann, das kfb und Frauenbildung immer auch mit Gemeinschaft zu tun hat.
PW: Was mir ganz wichtig ist, sind Angebote in Richtung Entschleunigung. Meiner Erfahrung nach sind Frauen sehr dankbar für Pilgerangebote, die es ja jetzt vermehrt gibt. Gerade weil unsere Welt so anfordernd geworden ist: Familie, Beruf, wir sollen ja als Frauen alles schaffen, perfekt sein. Politisch sollen wir uns engagieren, den Mund aufmachen und Energie in wichtige Themen investieren. Hier braucht es zwischendurch dieses Aussteigen können, dieses zu mir kommen. Das geht meiner Erfahrung nach sehr gut im Gehen. Das könnte man auch als Bildungshaus- Angebot setzen – also Entschleunigung, zu sich selber kommen, als eines der Themen.
Vielleicht muss man auch bedenken, dass Frauen und Männer in dieser herausfordernden Zeit oft darum ringen, auch als Paar miteinander Zeit zu haben. Hier gibt es eine große Sehnsucht, weil heutigen Paaren bewusst ist, neben Beruf, Kindern und Familie braucht auch die Pflege der Partnerschaft Zeit. Und wo bleibt dann die Zeit für sich selber, für die eigene Weiterentwicklung? Wahrlich ein Spagat!
VP: Oder ich will bewusst Zeit für mich nutzen.
PW: Ich denke, dass die Nutzung von Bildungsangeboten hauptsächlich an der Zeit und nicht am mangelnden Interesse liegt.
Bildung und Engagement
Kem: Die kfb ist mit dem eigenen Angebot oberösterreichweit sehr stark im Bereich der Frauenbildung engagiert. Welchen Beitrag leistet damit die kfb für die Frauenbildung?
VP: Die Frauenbildung steht bei der kfb ganz oben. Die Österreichischen Schwerpunktthemen werden in den Diözesen entsprechend umgesetzt.
Kem: Wie werden diese Jahresthemen festgelegt?
VP: Dazu treffen sich die ehrenamtlichen und hauptamtlichen Leitungs-Frauen aus den Diözesen um die Themen gemeinsam zu finden und abzustimmen.
Kem: Was heißt dann das Themen der Österreich-Ebene für die Oberösterreich-Ebene?
PW: Das Jahresthema wird auf Österreichebene gemeinsam ausgesucht. Wir bereiten das Thema dann für unsere Frauen auf und vermitteln es über die Dekanatsimpulstreffen, Frauenbildungstage und bei gewünschten Vorträgen. So wollen wir Frauen stärken und bilden.
Kem: Ihr zwei übt eure Leitungstätigkeit in einer ehrenamtlichen Funktion aus. An welchem Punkt habt ihr entschieden: „Ja, dafür engagiere ich mich neben meinem Hauptberuf“?
VP: Neben Oma-sein und Brotberuf ist mir bei der kfb das Mitgestalten eine wesentliche Motivation, hier meine Zeit für andere Frauen zu verschenken. Und es ist ein sinnstiftendes Ehrenamt, dieses österreichweite Mitgestalten. Dieses Schauen über den eigenen Tellerrand und vor allem das Tun über den eigenen Tellerrand hinaus.
PW: Ich habe mir für meine Entscheidung ausreichend Zeit genommen und meine Beweggründe dafür gut angesehen. „Ja“ sagen kann man schnell, aber durchhalten dann weniger leicht. Ich bekomme selber Energie, wenn ich gemeinsam mit Frauen Themen erarbeite oder bespreche. In der kfb schaffen junge und ältere Frauen untereinander Beziehung und das kann ich verstärken. Diese Arbeit ist für mich sinnvoll – Begegnung und Beziehung ist für mich etwas ganz Wesentliches und das gilt gerade für die kfb.
Ich habe aber auch gewusst, dass diese Leitungsaufgabe eine Herausforderung ist und so habe ich gewissenhaft abgewogen. Ist es für mich eine Herausforderung oder geht es in eine Überforderung an verfügbarer Zeit und Können? Ich mag Herausforderungen, muss aber gleichzeitig die Grenze gut abschätzen. Nach einem Jahr kann ich sagen, dass es eine gute Entscheidung gewesen ist.
Zuversicht und Auftanken
Kem: Paula, du hast erst den Begriff Zuversicht genannt. Wie viel Zuversicht braucht man als Frau in so einer Position?
PW: Zuversicht ist für mich ein wesentliches Thema geworden. Es gibt Situationen, in denen ich eine große Herausforderung spüre. In gewisser Weise braucht es da auch meine Entscheidung. Ich entscheide mich, dass ich zuversichtlich bleibe, optimistisch und hoffungsvoll. Ich möchte nicht eine werden, die jammert oder gar resigniert. Ich habe viel mit haupt- und ehrenamtlichen Menschen zu tun, die engagiert ihren Beitrag innerhalb von Kirche und Gesellschaft einbringen. Das macht mir Mut, dadurch wächst auch meine Zuversicht. Als ehrenamtliche Vorsitzende spüre ich die Verantwortung, gut für mich selber zu sorgen, um vielen Frauen Mut und Zuversicht weitergeben zu können.
VP: Ich denke hier sehr ähnlich wie Paula. Ich bin prinzipiell jemand, der das Glas halbvoll sieht. Es gibt natürlich Herausforderungen, wo es manchmal mühsam wird. Das ist im Zusammenleben von Menschen so. Da muss man gut schauen, dass man wieder auftanken kann und sonst ist es in meiner Funktion immer die Gratwanderung, möglichst viele Frauen mitzunehmen, in dem was man sagt.
Kem: Wie achtet ihr selber gut auf euch? Was könnt ihr anderen Frauen empfehlen?
VP: Das Thema Pilgern ist erst schon von Paula angesprochen worden. Nicht immer komme ich zum Pilgern, aber das Gehen in der Natur ist für mich eine ganz wesentliche Kraftquelle. Ob alleine oder mit Menschen, die man mag – das ist bei mir oft das Enkelkind. Hier kann ich, ebenso wie bei frauengerechter Liturgie, gut auftanken.
PW: Was für mich wichtig ist, das ist Zeit und Muße zu finden, in mich selber zu gehen, wahrzunehmen, wo ich stehe und was ich gerade brauche. Aussteigen aus dem Druck, der im Ehrenamt, in der Arbeitswelt, manchmal auch in der Familie und in der Pfarre aufgebaut wird. Im Werkeln und Genießen im eigenen Blumen-und Gemüsegarten, im Schauen und Gehen in der wunderschönen Natur, da kann ich mich regenerieren und wieder kreativ werden. Der Kopf wird frei.
Die fünf Prinzipien der Herzenspflege von Ignatius von Loyola sind eine gute Anregung: Schlaf, Bewegung, Gebet, Beziehungen und Arbeit. Es zeigt auf, dass Arbeit wichtig ist und hoffentlich sinnstiftend, aber nicht das einzig Wichtige in meinem Leben.
Ich gebe Frauen auch mit, dass jede Frau das Recht hat, Menschen zu meiden, die Energieräuber sind. Soweit möglich, achte ich auf bestärkende Begegnungen, auf guttuende Menschen in meinem Umfeld.
Ich übe mich im sorgsamen, ehrlichen Umgang mit mir selber. Das heißt auch, überlegt Ja und Nein zu sagen.
Wünsche
Kem: Anlass für das Gespräch ist das 50-Jahr Jubiläum vom Haus der Frau. Gibt es etwas, was ihr dem Haus der Frau mit auf den Weg geben möchtet?
VP: Dass die Diözese erkennt, dass Frauenbildung ein wesentlicher Faktor der kirchlichen Aufträge ist und dementsprechend auch finanziell würdigt. Und dass das Haus der Frau die Zeichen der Zeit erkennt und die Herausforderungen entsprechend beantwortet.
PW: Ich wünsche dem Haus der Frau, dass es weiterhin ein ansprechendes Frauenbildungszentrum bleibt, am Puls der Zeit, wertgeschätzt und gut genützt. Ich bin überzeugt davon, dass Frauen bildungsbereit sind. Vor allem dran zu bleiben, die Frauen zu bestärken, zu ermächtigen, ihnen Würde zu geben und entsprechende Frauenbildung zu ermöglichen.