Donnerstag 25. April 2024

Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'

Fachtagung in Linz zu den Zukunftsperspektiven für die Nutzung von Sakralbauten

Am 7. und 8. Juni 2013 fand im afo Architekturforum Oberösterreich die erste österreichische interdisziplinäre Fachtagung zum Thema „Zukunftsperspektiven für die Nutzung von Sakralräumen“ statt. Diese Veranstaltung kam auf Initiative des Kunstreferates der Diözese Linz mit den Partnern Architekturforum OÖ sowie Bundesdenkmalamt zustande. Ziel war die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema für Oberösterreich und Österreich und die Entwicklung von Perspektiven für die Erhaltung der Sakralräume angesichts einer sich verändernden Gesellschaft. 

 

 

Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Dr. Walter Zahner bei seinem Vortrag. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Dr.in Ulrike Knall-Brskovsky, Landeskonservatorin für OÖ. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Dombaumeister und baureferent der Diözese Linz Architekt Diol.Ing. Wolfgang Schaffer. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Erfolgreiche Tagung 'kirchenRÄUMEn'. © Kunstreferat
Kunstreferent Hubert Nitsch mit Dr.in Katrin Bauer. © Kunstreferat
 

 

Vortragende aus den Fachgebieten Theologie, Kulturanthropologie, Architektur und Denkmalpflege zeigten die Vielfalt der Fachbereiche, die sich um die Erhaltung des kirchlichen Baubestandes bemühen. Die Bandbreite des Symposium-Themas ergab vielfältige und durchaus auch konträre Ansichten und Meinungen, die Zukunftsnutzung von sakralen Bauten betreffend.

Mag.a Henny Liebhart–Ulm (Kunstreferentin, Diözese Linz), führte in das Tagungsthema ein. MMMag. Hubert Nitsch (Diözesankonservator, Leitung Kunstreferat, Diözese Linz) moderierte am ersten Tag. In den letzten Jahrzehnten kam es aufgrund vielfältiger Faktoren zu einem Strukturwandel und einer Werteverschiebung in der Gesellschaft. Das Gottesdienstverhalten und die Personalstruktur der Diözesen haben sich verändert und dies hat Auswirkungen auf die Nutzung der Sakralräume als Sozialräume und gesellschaftliche Mittelpunkte. Die spirituellen Bedürfnisse der Menschen heute sind nach wie vor groß, daher werden Sakralräume aufgesucht und geschätzt.

Die Vortragsreihe eröffnete Prof. DDDr. Clemens Sedmak (Philosoph und Theologe, King´s College London). Er erörterte in seinem Vortrag mit dem Titel „Die Sprache der Räume: Kirchen erzählen von Werten“ unterschiedliche Perspektiven, Wahrnehmungskonzepte und Aspekte, den Ort Kirche betreffend. Folgende Aspekte werden aus nicht-religiöser Perspektive vor allem mit dem Ort Kirche in Verbindung gebracht: Ruhe, Kraftort, Denkmal und örtliche Verankerung. Aus religiöser Sichtweise ist Kirche der Ort der Liturgie, der Feier der Sakramente, ein Versammlungsort und Ort für das persönliche Gebet. Der Glaube und die Innerlichkeit als Grundpfeiler religiösen Denkens wurden ebenso thematisiert.

Dr. Walter Zahner (Theologe, Kurator bei der Deutschen Bischofskonferenz, Regensburg/Bonn) stellte in seinem Vortrag die Frage „Ein Haus erbaut aus lebendigen Steinen“ – Kann man Kirchen wirklich umnutzen? Zahlreiche Beispiele aus Deutschland beleuchteten die unterschiedlichen Zugangsweisen und neuen Nutzungskonzepte von Kirchenräumen. Nicht zu unterschätzen ist, wie die Menschen mit diesem Veränderungsprozess umgehen und wie schwierig eine Zusammenlegung von mehreren Gemeinden sein kann. Die Bandbreite der neuen Nutzungsmöglichkeiten der vorgestellten Projekte aus Deutschland reichte von einem Sozialzentrum, einer Ausgabestelle für Essen an Bedürftige, einem Archiv bis hin zu Urnenbegräbnisstätten.

Dr.in Katrin Bauer (Kulturanthropologin, Universität Bonn) analysierte in zwei Forschungsprojekten die Funktion und Bedeutung von Kirchenräumen. Die Transformation ehemaliger kirchlicher Räume in Deutschland gehe oft einher mit starken Emotionen. Dies hängt mit kollektiven Erinnerungen und dem Verlust von sozialer Heimat zusammen. Das komplexe Thema bedarf gründlicher Überlegungen. Auf alle Fälle sollten alle Beteiligten möglichst zeitgerecht in den Kommunikationsprozess mit einbezogen werden, um ein bestmögliches Ergebnis für alle Seiten erreichen zu können.

Dr. Bernd Euler-Rolle, Fachdirektor des Bundesdenkmalamtes, und Dr.in Ulrike Knall-Brskovsky, Landeskonservatorin für OÖ, beleuchteten die Problematik von Kirchenschließungen oder Umnutzungen aus der Sicht der Denkmalpflege. Denkmäler sind sichtbare Spuren des Zeitenlaufs - derartige Wahrzeichen existieren in allen Kulturen. Kirchen im Besonderen sind nicht nur beachtenswerte Gebäude, sondern darüber hinaus sind sie Zeichen des örtlichen Glaubens und somit die Mitte der Gemeinschaft. Diese geheiligten Orte haben also besonderen Respekt verdient. In Oberösterreich sind rund 70 % des Denkmalbestands in kirchlicher Hand. 

Demographische, soziale oder pastorale Entwicklungen innerhalb der Diözesen haben oft gravierende Auswirkungen auf bestehende Strukturen. Die Geschichte zeigt, dass bereits in früheren Zeiten Sakralbauten profanisiert wurden. Den Wirren der Reformationszeit z. B. oder den straffen Reformen Josef II. fielen Kirchen und Kapellen zum Opfer. Dipl. Ing.in Jessica Wehdorn, Architektin in Wien, hat im Rahmen ihrer Forschungen 71 profanisierte Kirchengebäude in Österreich ausfindig gemacht. Deren Nutzung reicht(e) vom Wohnhaus bis hin zum Feuerwehrdepot.

Dombaumeister und Baureferent der Diözese Linz, Architekt DI Wolfgang Schaffer, informierte, dass in Oberösterreich auch in jüngster Zeit noch Neubauten von Kirchen möglich waren, so etwa in Gallspach (2005). Aber auch hier beschreite die Kirche neue Wege, indem Mehrzweckbauten errichtet werden, die nicht nur eine sakrale Nutzung beinhalten, sondern zusätzlich auch für Veranstaltungen zur Verfügung stehen wie z. B. in Wels-St. Franziskus (2004).

In Deutschland, den Niederlanden oder England hat man bereits jahrelange Erfahrung mit dem Prozess der Kirchenumnutzung. Besonders Nachkriegsbauten sind von einer Schließung gefährdet. So berichteten Dr. Oliver Meys vom rheinländischen Amt für Denkmalpflege und Architektin Prof.in Dipl. Ing.in Kerstin Gothe von geglückten aber auch misslungenen Beispielen einer Neunutzung von Sakralbauten. Als schwierig stellen sich hier oft Baunormen dar, die zu erfüllen sind. Architektin Dr.in Birgit Franz brachte Beispiele für eine Nutzung von Kirchenräumen für Urnenbegräbnisstätten.

Auch Pfarrer Dr.  Manfred Keller vom Arbeitskreis „Kirchen öffnen und erhalten“ in Bochum plädiert dafür, dass „Kirchen mehr sein dürfen als Kirchen“, dass der ökonomische Wert aber nicht alleinige Entscheidungsgrundlage sein darf. Er rät dazu, Kirchen nicht gänzlich zu verkaufen, sondern externe Partner ins Boot zu holen und mit ihnen eine „Werkstatt auf Zeit“ zur Erarbeitung einer Lösung einzurichten.

Die Tagung hatte zum Ziel eine wissenschaftliche Grundlage zu bieten, obwohl in Österreich derzeit kein konkreter Kirchenraum zur Debatte steht. Um zu einer nachhaltigen Nutzung zu kommen, ist eine ausreichende Vorbereitung unabdingbar und Standardlösungen existieren nicht. Die vielen Facetten des Themas wurden bei der Fachtagung deutlich. Die Kräfte der Kirche, Gesellschaft, Wissenschaft, Politik sowie das stätteplanerische Denken und die soziale Sichtweise müssten laut ExpertInnen gebündelt werden, um tragfähige Lösungen zum Erhalt der Sakralräume zu finden.

 

 

Bundesdenkmalamt Österreich

Architekturforum OÖ

Fachbereich Kunst und Kultur
4020 Linz
Rudigierstraße 10
Telefon: 0732/995151-4520
Katholische Kirche in Oberösterreich
Diözese Linz

Fachbereich Kommunikation
Herrenstraße 19
Postfach 251
4021 Linz
https://www.dioezese-linz.at/
Darstellung: