Medien sind mehr als Tools
Wenn es dabei um Mediendidaktik geht, kreist die Auseinandersetzung oft um Fragen geeigneter Tools für verschiedene didaktische Szenarien. Das spiegelt eine verkürzte Sicht auf Medien wider, so der Medienwissenschaftler Andreas Weich in einem kürzlich erschienenen Artikel. Der Autor plädiert für eine ganzheitliche Mediendidaktik, die den konkreten Anwendungszusammenhang von Bildungsmedien einbezieht.
Medialität entsteht immer im Tun
Die gängige Meinung in der Bildungspraxis ist – so der Eindruck von Weich – man müsse nur das perfekte Tool für das Lehren und Lernen finden. Doch so einfach ist es nicht. Auch ein Lehrbuch ist bloß ein Gegenstand, der für sich genommen noch nicht zum Lernerfolg führt. Medialität entfaltet er erst, wenn die enthaltenen Inhalte von Personen mit den dafür notwendigen Kompetenzen und mit einer spezifischen Absicht gelesen werden. So wird eine Person, die nicht lesen kann, ein Buch zwar aufschlagen, aber ihm nichts entnehmen. Ob ein bestimmtes Buch ein brauchbares Bildungsmedium ist, lässt sich demnach nicht unabhängig vom konkreten Anwendungszusammenhang beurteilen. Analoges gilt natürlich für digitale Medien.
Neue Medienkonstellationen am Beispiel Webinar
Bei Webinaren wird nicht bloß der Präsenzraum durch einen digitalen Raum ersetzt, vielmehr entsteht eine völlig neue „Medienkonstellation". So könnten sich die Rollen im Lehr-/Lerngeschehen ändern. Das kommt öfters vor, wenn Teilnehmende mehr technisches Wissen als die Lehrenden mitbringen und so Lehrende vorübergehend die Rolle der Lernenden einnehmen. Es entstehen außerdem neue Konventionen, zum Beispiel darüber, wie man sich passend zu Wort meldet. […] Schließlich braucht es spezifische Kompetenzen, um erfolgreich ein Webinar zu gestalten oder daran teilzunehmen. […]
Mediendidaktik muss reflexiv und kontextsensibel sein
Weich fordert einen umfassenden Blick bei allen didaktischen Überlegungen: man müsse immer Teilnehmende und Lehrende mit ihrem Vorwissen, ihren Kompetenzen und Gewohnheiten ebenso wie gesellschaftliche Konventionen und Praktiken mit einbeziehen. Dabei könnte sich ergeben, dass es statt eines neuen Tools vielmehr neues Wissen, neue Praktiken oder Abläufe braucht. Der Autor plädiert daher für eine kontextsensible Mediendidaktik, die auch um kritische Fragen nicht umhinkommt, denn: Nicht alle haben Zugang zu den notwendigen Geräten und Technologien, können die geforderten Praktiken erfüllen oder kennen die neuen Konventionen.
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