Kartage und Ostern: Für Kinder ist der weggerollte Stein das größte Wunder
Die Religionspädagogin ermutigt zu einem "Dialog auf Augenhöhe", bei dem Erwachsene versuchen sollen, ihren eigenen Glauben zu formulieren und Kindern eigene Gedanken dazu zuzugestehen. Ist die Vermittlung altersgemäß, sei das Leiden von Jesus für Kinderseelen "auf jeden Fall zumutbar".
"Für Kinder im Vorschulalter ist der Tod nichts Endgültiges, spielen sie doch selbst oft Sterben und sind dann nachher wieder lebendig", erklärte Habringer-Hagleitner. Während für Fünfjährige die Auferstehung daher "normal" ist, faszinieren an der biblischen Ostergeschichte eher andere Details. "Etwa, dass dieser schwere Stein vom Grab plötzlich weggerollt ist und Jesus wieder frei kommt. Das ist für sie das größere Wunder", so die Erfahrung der Theologin. Statt Vorgesagtem zu folgen, seien Kinder "Subjekte ihres Glaubenslernens und auch Regisseure ihrer Glaubensentwicklung". Aus erzählten Geschichten machten sie das für ihr Alter Passende - sofern sie dazu Raum und Freiheit bekommen.
Brutalität mit Happy end
Eltern und Pädagogen sollten nicht scheuen, Kinder auch mit der Passionsgeschichte vertraut zu machen, und zwar ohne sie theologisch zu verkleinern oder zu verharmlosen, riet die Expertin. "Das Leben von Jesus besteht nicht nur aus Weihnachten, sondern aus der ganzen Geschichte. Er musste leiden, weil er sich für die Armen und für Gerechtigkeit einsetzte, dabei aber seinen Zeitgenossen nicht ganz geheuer war. Da er den Mächtigen zu gefährlich wurde, wurde er hingerichtet", so Habringer-Hagleitners Zugang. Kinderseelen seien mit Kränkung, Unrecht, Schmerz, Trauer wie auch Freude und Gemeinschaft vertraut - und bräuchten deshalb tiefgehende Erzählungen, die "die ganze Fülle menschlichen Lebens widerspiegeln".
Anders als Medienberichte über Brutalität und Leid sei die Geschichte von Jesus von Nazareth eine Frohbotschaft, die nicht bei der Katastrophe stehen bleibt, erinnerte Habringer-Hagleitner. Mit dem Aufruf zu Feindesliebe und zum "Frieden auch mit dem, der das Gegenteil von dir will" gebe Jesus zudem Antwort auf die Sehnsucht von Kindern nach einer Welt ohne Krieg. "Jesus steht im Gegensatz zu den IS-Kämpfern. Er zeigt einen anderen Weg auf als den, für sein Verständnis vom Großen und Heiligen in den Krieg zu ziehen", so die Religionspädagogin. Nachbemerkung: Auch der Islam predige Liebe anstatt Gewalt - "und Jesus hätte heute auch muslimische Freunde gehabt".
Zweifeln und Hirnschmalz
Mit Blick auf ältere Kinder empfiehlt die Religionslehrer-Ausbilderin Gespräche, die kritisches Nachfragen erlauben. "Im Schulalter stellt sich dann die Frage, die wir Erwachsene uns stellen: Wie kann es sein, dass ein Toter nach drei Tagen leibhaftig aufersteht?" Behelfen könne sich man dabei mit dem Wechsel auf eine andere Ebene, "dass Jesu Freunde spürten: Er ist weiter bei uns. Was er gesagt hat, lebt weiter und wirkt". Letztlich sei Auferstehung jedoch kognitiv nicht fassbar, eben ein "Geheimnis unseres Glaubens", so Habringer-Hagleitner. Die große "Hoffnungsgeschichte" dabei sei jene, "dass das Positive die Brutalität unserer menschlichen Existenz überwindet".
Eltern sollten "ruhig etwas Hirnschmalz aufwenden", um gegenüber ihren Kindern den eigenen Glauben zu formulieren, den eigenen Zugang zum Ostergeschehen zu vermitteln und sich auch den Zwischenfragen dabei zu stellen, appellierte die Theologin. Kinder sollten sich "groß fühlen dürfen in ihren Glaubensgedanken und Zweifeln", würden derartige Gespräche auf eigene Weise für verarbeiten und integrieren. Der Vorteil: "Wenn ein Kind im Volksschulalter erlebt: 'Ich darf mir eigene Gedanken machen', dann kann es auch in der Pubertät eher dabei bleiben und irgendwann zu einem Glauben kommen, der nicht mehr so viele Erklärungen braucht, sondern anknüpft an die christliche Tradition, die voller Hoffnung ist."
Vorlesen, feiern und lachen
Am besten gelinge Kindern das Glauben-Lernen dort, wo sie eigene Gedanken, Ausdrucksformen, Bilder oder Texte selbst gestalten und kreieren können, so die Linzer Theologin. Glaube sollte zudem als "intergeneratives Geschehen" verstanden werden, bei dem die biblische Frohbotschaft "immer wieder neu weitererzählt" wird. Kinderbibeln seien dazu eine große Hilfe - besonders jene, die etwa bei der Leidensgeschichte von Jesus achtsame Illustrationen verwenden, ohne dabei zu sehr zu verkindlichen. "Man muss das Blut nicht spritzen sehen, denn Kinder haben selbst genug Phantasie, um sich Dinge vorzustellen. Wichtiger ist, dass die Gefühlslage zum Ausdruck kommt."
Nachdrücklich empfiehlt Habringer-Hagleitner auch die gemeinsame Teilnahme an den Gottesdiensten der Kartage und der Osternacht. In vielen Pfarren gebe es kindgerecht aufbereitete Feiern, die durch aktive Beteiligung das Verstehen erleichtern. Doch auch das Erleben einer "Erwachsenenliturgie" hinterlasse Spuren: "Die vielen sinnlichen Elemente wie Gerüche, Lieder, Farben und Kontrast von Dunkelheit und Licht sprechen für sich. Selbst kleine Kinder nehmen die reiche Atmosphäre wahr und machen sich einen Reim drauf, auch wenn sie inhaltlich nicht mitkommen".
Ostern als Höhepunkt der Festtage soll schließlich als "fröhlicher und leichtfüßiger" Tag miteinander gefeiert werden. Das "Osterlachen" habe in den vielen Bräuchen seinen sinnvollen Platz - "im gemeinsamen Essen der geweihten Speisen, beim Eierpecken, beim Osternestersuchen und in den Osterspielen, wo es immer auch witzige Elemente gibt. Zentral ist hier die Freude, dass das Leben wieder neu möglich ist." Die ausgelassene Atmosphäre zu Ostern sei im Sinne Jesu und sollte bewusst genossen werden; das höchste Fest im Kirchenjahr verblasse sonst im Vergleich zum stimmungsmäßig weit mehr aufgeladenen Weihnachten.
Ein weiteres Interview in der KirchenZeitung Diözese Linz zum nachlesen.
Das Team im Haus der Frau wünscht Ihnen ein gesegnetes Osterfest!
Ostern in der Katholischen Kirche in OÖ
Weitere Meldungen und Hintergrundberichte rund um Ostern unter https://www.kathpress.at/ostern.
Kathpress, gec