"Wenn ich zaubern könnte, wäre ich ganz wo anders in der Welt..."
Eine junge Anwaltstochter aus Wien, Fräulein Else, genießt gerade ihren Urlaub in Italien, da erreicht sie ein Expressbrief ihrer Mutter, aus dem hervorgeht, dass der Vater Mündelgelder veruntreut hat, weshalb ihm nun eine Gefängnisstrafe drohe.
Um diese Schande oder gar einen möglichen Selbstmord des Vaters zu verhindern, soll Else doch den reichen Kunsthändler Dorsday, der zurzeit ebenfalls in ihrem Hotel weilt, bitten, dem Vater den fehlenden Betrag zu borgen. Dieser erklärt sich bereit zu helfen, allerdings nur unter der Bedingung, dass er die schöne Bittstellerin ein Viertelstündchen nackt sehen darf...
Innerer Monolog als Herausforderung
Die meisten haben Schnitzlers Novelle wahrscheinlich in der Schule gelesen - Schnitzler wählt dabei die Form eines inneren Monologs, die wohl innigste Form der Figurendarstellung. Der Inhalt wird nämlich nicht durch einen Erzähler vermittelt, sondern durch die Präsentation von Gedanken und anderen Bewusstseinsinhalten.
Und welche Form könnte besser beschreiben, wie es dieser jungen Frau aus besserem Kreise geht, die von ihrer Familie und einem alten Freund der Familie in Bedrängnis gebracht und in einen Gewissenskonflikt gestürzt wird?
Beeindruckend, wie sich der damals 60jährige Schnitzler in die Psyche einer 19jährigen versetzt hat, wie er ihr komplexes Seelenleben ausleuchtet und dabei all die familiären und gesellschaftlichen Bedingungen und Ereignisse aufzeigt, die letztlich zur Tragödie führen.
Der innere Monolog ist gerade für die Bühne besonders spannend: interessant und herausfordernd ist es, gleichzeitig nach innen und nach außen zu sprechen - für Schauspieler (und Regisseur). Den anderen Figuren im Stück gegenüber wähnt sich im Vorteil - das Publikum. Denn den anderen gegenüber ist Else sprachlos, isoliert, allein - zum Schweigen verurteilt.
Modern und aktuell - obwohl 91 Jahre alt
Der Dichter und Arzt Arthur Schnitzler verfasste die Novelle bereits 1924 - erschreckend aktuell in seiner Beschreibung, wie Gesellschaft krank machen kann, wenn man ihre Erwartungen und Forderungen nicht zu erfüllen vermag, weil der Druck zu groß wird.
Inszeniert wird "Fräulein Else" von Cornelia Metschitzer - in der Titelrolle ist Julia Frisch zu sehen. Zehn weiteren Rollen (Dorsday, Mutter, Tante, Cousin Paul, Cissy, Fred, Hotelgäste, Hotelpersonal) übernimmt der wandlungsfähige Rudi Müllehner, der das Stück auch musikalisch live auf der Gitarre mit Eigenkompositionen begleitet.
THEATER KOMPAKT:
Alle Termine und Beginnzeiten sind auf der Tribüne-Produktionsseite angegeben - Premiere ist am 16. April 2015 um 19.30 Uhr.
Die Kartenbestellung ist online, telefonisch (0699/11399844) oder per E-Mail möglich.
Quellenangabe:
Tribüne Linz: Fräulein Else (Pressemappe).
(sp)