Freitag 19. April 2024

„Maria im Leben Jesu”

Dompfarrer Maximilian Strasser nähert sich in seinen Gedanken über die Kunst dem Christus-Geheimnis an, in das Maria hineingenommen ist.

Wer den Linzer Mariendom hinten beim Turm betritt und sich einige Augenblicke des Verweilens gönnt, wird vom Fenster, das über dem Hochaltar ist, angezogen. Es zeigt - in der Bildersprache des ausgehenden 19. Jahrhunderts - die Aufnahme Marias in den Himmel.

 

 

Maria wird dargestellt auf ihrem Weg vom Totenbett hinein in das Geheimnis des dreifaltigen Gottes. Unten umstehen die Apostel das Totenbett Marias, das (nach der frommen Überlieferung) mit Blumen geschmückt warb. Oben im Maßwerk ist der dreifaltige Gott dargestellt, umgeben von neun Engeln. Von weitem sieht man nur den Neunpass des Maßwerks.

 

Neun ergibt sich, wenn man drei mit sich selbst multipliziert. Drei ist in der Zahlensymbolik die Zahl Gottes. Das Maßwerk spricht so das tiefste Geheimnis Gottes und seiner vielfachen Liebe an. Sonne, Mond und Sterne, die diesen Kreis umgeben, weisen ebenfalls auf die Liebe Gottes hin, die sich in seiner Schöpfung zeigt. 

 

Maria selbst erscheint in Bewegung, gleichsam angezogen vom Geheimnis Gottes. Begleitet wird Maria auf diesem (letzten und endgültigen) Weg von vier Engeln, die ein Weihrauchfass, eine Harfe, ein Szepter und eine Lilie halten. Maria, die Betende, Gott Lobende, die Jungfrau und die Mutter des Königs, geht in das Geheimnis Gottes und seiner Liebe ein.

 

In der Heiligen Schrift wird weder vom Tod Marias erzählt noch von ihrer leiblichen Aufnahme in den Himmel. Der Text des Neuen Testaments, aus dem dieser Glaubenssatz erschlossen wird, findet sich im 1. Korintherbrief des Apostels Paulus:

 

„Wenn aber verkündigt wird, dass Christus von den Toten auferweckt worden ist, wie können dann einige von euch sagen: Eine Auferstehung der Toten gibt es nicht? Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, ist auch Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos. [...] Es gibt aber eine bestimmte Reihenfolge: Erster ist Christus; dann folgen, wenn Christus kommt, alle, die zu ihm gehören.”

 

Die Aufnahme Marias in den Himmel ist in der katholischen Kirche und in den orthodoxen Kirchen schon lange gefeiert worden. Die formelle Verkündigung des Glaubenssatzes durch Papst Pius XII. am 1. November 1950 hat sich unter anderem auch auf diese lange Tradition der Verehrung berufen.

 

Maria war in ihrem Leben mit ihrem Sohn ganz eng verbunden, sie hat ihn geboren, mit ihrer Milch genährt, in ihren Armen gehalten und an ihre Brust gedrückt. Mit „Leib und Seele” war sie ihm ein Leben lang verbunden, mit „Leib und Seele” hat sie an seiner Auferstehung Anteil. 

 

Sitz der Weisheit. © TheBest Kunstverlag
Bundeslade Gottes. © TheBest Kunstverlag
 

Ganz unten sind zwei Anrufungen der Lauretanischen Litanei in Erinnerung gerufen: „Du Bundeslade Gottes” und „Du Sitz der Weisheit”. Die Bundeslage barg die Gesetzestafeln, die den ersten Bund Gottes mit seinem Volk bezeugen. Maria trug in ihrem Schoß den Mittler des neuen Bundes, Christus.

 

In der Liturgie ist eine eigene Messe am Vorabend des Festes „Maria Himmelfahrt” (wie es volkstümlich genannt wird) vorgesehen. Als eine Lesung kann dabei die Erzählung vom Einzug der Bundeslade in Jerusalem ausgewählt werden.

 

Das Einholen der Bundeslade, des zentralen Symbols des alttestamentlichen Gottesglaubens, in die Residenzstadt des Königs wird als „Vorbild” der Aufnahme Marias in die Ewigkeit Gottes gesehen. Maria gab der Weisheit Gottes in der Welt einen Platz.

 

Maria war vom Anfang ihres Lebens an hineingenommen in das Geheimnis der Liebe Gottes. Das Fenster spannt so einen Bogen über das Leben Marias und auch über das Leben eines jeden Christen. Der erste Augenblick des Lebens und der letzte Atemzug sind umfasst vom Geheimnis der Liebe Gottes.

 

Der Betrachter, der im Dom von hinten nach vorne geht, legt diesen (sein Leben symbolisierenden) Weg zurück mit Blick auf das Ziel des eigenen Lebens: einmal hineingenommen zu werden in das letzte und tiefste Geheimnis - in die Endgültigkeit der Liebe Gottes.

 

Quellenangabe:

Strasser, Maximilian (Hrsg.): Hineingenommen in sein Geheimnis. Die Glasgemälde im Hochchor des Maria-Empfängnis-Domes in Linz. Gedanken von Dompfarrer Maximilian Strasser. Fotografie: Josef Leithner. Wels: The Best Kunstverlag (www.kirchenfuehrer.eu). S. 4-7.

 

(sp)

 

Erhältlich im Domcenter Linz oder direkt beim Verlag. 

 

 

MMMag. Hubert Nitsch
MMMag. Hubert Nitsch

Kunstreferent der Diözese Linz

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Paul Klee: Abstraction with Reference to a Flowering Tree (1925) / National Museum of Modern Art, Tokyo. © Daderot/wikimedia.org

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(Paul Klee)

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„kunst und kirche”, seit 1971 als ökumenische Zeitschrift für Architektur und Kunst erscheinend, widmet sich immer wieder Themen wie neuen Kirchenbauten, religiösen Traditionen in Phänomenen der Gegenwartsarchitektur, Transformationen zentraler christlicher Inhalte in zeitgenössische Kunst oder der Rolle von Kunst im interreligiösen Dialog. Sie beleuchtet Kunst und Architektur vor einem philosophischen und religiösen Hintergrund. Günter Rombold als Doyen der Zeitschrift freut sich: „Ich finde, die Zeitschrift geht einen guten Weg. Die Kunst hat sich verändert, und die Zeitschrift greift diese jungen Positionen auf; das finde ich gut...”

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