Mittwoch 24. April 2024

Regionaltreffen mit Bischof Manfred Scheuer: "Der Versuch eines Kennenlernens"

Von April bis Juni 2016 hat Bischof Manfred Scheuer bei neun Regionaltreffen die haupt- und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen in Pfarren und Dekanaten kennengelernt. Für die LeserInnen der KirchenZeitung und die BesucherInnen der diözesanen Website zieht er Bilanz.

Sie hatten gemeinsam mit den Dechanten die Idee zu den Regionaltreffen. Was waren Ihre Erwartungen und Hoffnungen im Vorfeld dieser Begegnungsnachmittage?

 

Bischof Manfred Scheuer: Ich habe nicht wochenlang überlegen können: Wie gehe ich das an? Ich war zu beschäftigt damit, von Innsbruck Abschied zu nehmen und loszulassen, und hier in Linz bin ich ziemlich hineingeworfen worden. Vom ersten Tag an gab es viele Termine. Schnell, manchmal schon vor der Amtseinführung, bin ich mit alten Problemen und Konflikten konfrontiert worden – verbunden mit der Erwartung, ich solle sie neu aufrollen oder lösen. Es ist eine unwirkliche Vorstellung vom Bischofsamt, wenn Menschen meinen, der Bischof kann Wunder wirken – wenn er es dann doch nicht kann, sind sie enttäuscht.

 

Zu den Regionaltreffen: Gedacht waren sie dazu, dass ich im ersten Jahr in alle Regionen komme und dort vor allem mit Haupt- und Ehrenamtlichen zusammentreffe – im Sinne eines ersten Kontaktes. Es sollte nicht gleich eine große Bestandsaufnahme sein. Ich kann auch nicht erwarten, dass mit einem Schlag alle kenne und dass ich dann weiß, wie Oberösterreich und die Diözese Linz ticken.

 

Zu den Treffen sind Sie mit anderen ein Stück weit gewandert. Inwiefern ist Gehen für Sie etwas Existentielles?

 

Scheuer: Es waren erste Schritte. Deshalb hatte ich die Idee, zumindest einen Teil des Weges gemeinsam zu Fuß zu gehen. Ich sehe den Weg als wichtiges Symbol für Glaube und Kirche in der Gegenwart. Für mich ist der Weg wichtig, weil es dabei nicht um Stellung, nicht um Stellungnahmen und vor allem nicht um Fronten geht. Bei einem Jugendtreffen hat ein Jugendlicher gemeint: „Jesus hat gesagt: Ich bin die Straße.“ Er hat das Wort Weg mit Straße übersetzt. Das ist, meine ich, ein wichtiger Ort kirchlichen Lebens. Auf den Straßenkreuzungen ist Jesus zu finden, sagt Papst Franziskus. Das sollte bei unseren Regionaltreffen auch ein wenig zum Ausdruck kommen.

 

Miteinander auf dem Weg, hier nach Wels. © Jack Haijes

 

Haben sich Ihre Erwartungen in Bezug auf die Regionaltreffen erfüllt?

 

Scheuer: Sie waren ein erstes Abtasten, der Versuch eines ersten Kennenlernens. Grundsätzlich habe ich diese Wegstrecken selber als sehr gut empfunden, weil sie nicht unter Druck standen. Auch nicht unter dem Erwartungsdruck, dass man vorher schon wusste, was am Schluss herauskommen muss. Ich glaube, dass uns insgesamt der Erwartungsdruck in der Kirche ganz schön müde macht – und dass er eigentlich nichts bringt. Diesen Druck üben zum Teil andere auf uns aus, zum Teil ist er selbst auferlegt. Bischof Reinhold Stecher hat einmal gemeint: Es gibt viele Ferndiagnostiker, die sich ständig überlegen, was andere zu tun haben.

 

Was sind nach diesem ersten Abtasten Ihre ersten Eindrücke?

 

Scheuer: Bei den Regionaltreffen habe ich eine „Wir-Gestalt“ von Kirche erlebt, die sich auf der einen Seite in einer großen Vielfalt zeigt, die aber auch in ideologischen Gegensätzen zum Ausdruck kommt – manchmal mehr, manchmal weniger. Es ziehen auch nicht alle einfach an einem Strang. Ich habe da eine große Unterschiedlichkeit wahrgenommen.

 

Was mir wichtig ist: Kirche soll nicht das Alleinunternehmen eines Bischofs sein. Ich orte schon eine gewisse Personenzentriertheit: Bei Problemen werden die Lösungsversuche stark mit dem Bischof verknüpft.

 

Sie haben die Straße als einen markanten Ort der Kirche bezeichnet. Meinen Sie damit, dass der Blick weniger den eigenen Kirchenstrukturen gelten sollte, dass Kirche insgesamt öffentlicher werden sollte?

 

Scheuer: Bei den Treffen in den Regionen haben sich die Dekanate und die Pfarren präsentiert – da ist viel Leben da. Ich habe viele Berichte und Erzählungen von Menschen gehört, die in der Kirche für die Kirche arbeiten, aber auch viele, die nicht unmittelbar für die Kirche selbst wirken. Es wurde sehr deutlich, was die Caritas tut, wie sehr sich ReligionslehrerInnen engagieren, was im Bereich Mensch und Arbeit geschieht oder auch im Bereich der Flüchtlingshilfe. Das hat schon deutlich gemacht: Die Kirche braucht eine gute Organisation, eine Institution, die aber doch bezogen sein muss auf anderes. Im Gleichnis vom Barmherzigen Samariter ist die Straße, der Wegrand der Ort der Zuwendung, des Heiles – oder eben des Unheils.

 

Sehen Sie bereits Herausforderungen, denen Sie in den Beratungen der Gremien besondere Dringlichkeit zuordnen?

 

Scheuer: Bei den Begegnungen wurde oft die Frage gestellt, wie es in den Pfarren und Seelsorgeräumen mit der Seelsorge gut weitergehen kann, wie sie gut lebbar ist. Dabei ist schon deutlich geworden, dass die erste Frage von uns als Kirche nicht selbstbezogen unseren eigenen Strukturen gelten soll, sondern: Was sind die Schätze der Menschen in unserem Land? Wofür dürfen wir dankbar sein? Worauf können wir auch stolz sein? Was baut uns auf, macht Freude, aber auch: Was kränkt die Leute? Wo sind die Nöte? Wo sind die Armen? Entscheidend scheint mir ein Perspektivenwechsel: Die Kirche ist nicht Selbstzweck. Es kann nicht ihr Sinn sein, ihre Arbeit als Selbsterhaltung zu inszenieren. Da habe ich insgesamt die Bemühungen in Zusammenhang mit Flucht und Asyl als für uns selber herausfordernd, aber auch als aufbauend erlebt.

 

Bischof Manfred Scheuer in Gallneukirchen. © Jack Haijes

 

Trotzdem gibt es auch die innerkirchlichen Herausforderungen.

 

Scheuer: Natürlich müssen wir uns damit befassen, wie es personell weitergeht, auch im Miteinander von Priestern und Laien und in der Teilhabe an der Leitung. Auch die Frage des Geldes wird uns noch beschäftigen – ich hoffe nur, dass sie uns nicht „besetzt“.

 

In Oberösterreich werden schon viele Pfarren von Seelsorgeteams mitverantwortet. Ist das ein guter Weg?

 

Scheuer: Bei den Regionaltreffen bin ich mit vielen Menschen für eine kurze Zeit zusammengetroffen. Aber es war kein wirkliches Kennenlernen der Pastoral, auch keine Visitation. Ich konnte noch keine Einzelgespräche führen, auch nicht in einzelnen Pfarren. Dafür war zu wenig Zeit. Mit einer Analyse möchte ich daher noch zurückhaltend sein. Ich bin nicht der Typ, der nach fünf Minuten schon weiß, wie die Leute sind, mit denen ich zusammengetroffen bin.

 

Was hat Sie bei den Treffen besonders berührt oder beeindruckt?

 

Scheuer: Insgesamt waren die letzten Monate für mich so vollgefüllt, fast vollgestopft mit Terminen, dass ich zu wenig Zeit hatte, um das Erlebte nachklingen zu lassen. Das habe ich selber als unbefriedigend erlebt. Mit vielen solcher Begegnungen sind ja Erwartungen verbunden, die ich nicht einlösen kann. Ich bin einigen Leuten begegnet, die ich von früher her kenne und die sich gefreut haben, dass sie mich wiedersehen – sie dachten, dass man dort anknüpfen könnte. Ich habe jedoch derzeit so viel anderes im Kopf, dass ich teilweise nicht aufmerksam genug war. Das hat mich selber irritiert.

Was mich sehr positiv beeindruckt, das sind die Begegnungen mit der Jugend– wie sie an die Dinge herangehen, auch, wie sie feiern. Das hat mich aufgebaut. Überhaupt: Die meisten dieser Begegnungstreffen waren Feste und Feiern des Glaubens – die Freude am Glauben ist zum Ausdruck gekommen.

 

Sie haben den Termindruck angesprochen. Beschäftigen Sie sich mit dem Gedanken, um einen Weihbischof anzusuchen?

 

Scheuer: Kardinal Marc Ouellet von der Bischofskongregation in Rom hat mir diesen Gedanken bei meinem Gespräch vor meiner Ernennung zum Bischof von Linz mitgegeben. Ich habe das im Hinterkopf und möchte die Frage weiter erfolgen, habe aber noch keine konkreten Schritte gesetzt. Sehr dankbar bin ich meinen Vorgängern Bischof Ludwig und Bischof Maximilian, dass sie stark in der Öffentlichkeit und in den Pfarren präsent sind und mich sehr entlasten.

 

Sie haben schon öfter darüber gesprochen, was die Seele nährt. Waren diese Treffen auch nährend für Sie? Und auf welche „Nahrung“ freuen Sie sich im Sommer?

 

Scheuer: Insgesamt waren die Treffen zwar anstrengend, weil ich rund acht Stunden bei jedem Treffen doch mit großer Aufmerksamkeit dabei sein sollte. Doch habe ich bei diesen Begegnungen und auch bei Dekanatsfesten, bei denen ich dabei war, die Atmosphäre des Wohlwollens gespürt und große Aufmerksamkeit erlebt.

 

Was den Sommer betrifft, freue ich mich, wenn ich endlich wieder einmal richtig ausschlafen kann. Das ist ja auch den Leuten aufgefallen, dass ich doch schon manchmal ziemlich müde war. Also: Ausschlafen und gehen. Darauf freue ich mich.

 

Interview: Barbara Eckerstorfer, Kommunikationsbüro / Matthäus Fellinger, KirchenZeitung

 

Berichte von den 9 Regionaltreffen zum Nachlesen

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Seelsorgeteam Einführung im Dekanat Pettenbach

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